Buddenbrooks – Bestimmung und Pflichterfüllung

guylang —  19. Februar 2015 — Kommentiere

Contenance, Arbeit und Geschäftssinn – Maximen, denen Leben der Buddenbrooks untergeordnet war. Der Roman vom Aufstieg und Niedergang der Lübecker Kaufmannsfamilie brachte Thomas Mann den Literaturnobelpreis ein, die Bühnenadaption von John von Düffel dem Theater des Kantons Zürich im ausverkauften Eichhaldensaal starken Applaus.

© Toni Sutter / TT Fotografie

© Toni Sutter / TT Fotografie

Die dramatisierte Fassung konzentriert sich auf die letzten Mitglieder der Familie: Konsul und Konsulin Buddenbrooks, den Sohn Thomas, der mit ehrgeizigem Gespür für Karriere und Finanzen die Firma weiter führt, die Tochter Tony, anspruchsvoll und unglücklich in ihren Ehen, sowie den in den Augen der Familie missratenen Sohn Christian, der sich statt um Zahlen für Gefühle der Menschen interessiert. Die Auswahl erweist sich als dramaturgisch und theatralisch sehr glücklich, denn sie sorgt für einen spannenden Theaterabend ohne ausufernd zu werden.

Guter Ruf und gutes Geschäft
Kay Neumann hat diese Vorlage schlüssig und empathisch inszeniert, seine Regie lässt den Abend zu einem geglückten Ereignis werden. Er versetzt die Handlung in eine heutige Zeit und erreicht so aktuelle Bezüge zu den volatilen Zuständen der modernen Geschäftswelt. Das gutbürgerliche Konsulpaar verheiratet aus firmenpolitischen Gründen Tony, trotz deren Abneigung, mit dem Hamburger Geschäftsmann Grünlich. Als er sich als berechnender Mitgiftjäger entpuppt, ist der Konsul nicht mehr bereit ihn zu stützen und lässt ihn in Konkurs gehen. Der gute Ruf bleibt gewahrt, die Familie intakt, das Geschäft leidet kaum. Als Thomas die Familie als Oberhaupt führt, geht es bergab. Seine Frau lässt sich mit einem Offizier ein, die Mutter wird religiös und stiftet ihr Vermögen der Kirche und Christian ist als Geschäftsmann völlig untauglich. So schwinden langsam Ruf und Vermögen.

 

© Toni Sutter / TT Fotografie

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Spielfreudiges Ensemble
Neumann kann auf ein homogenes Ensemble aus acht Personen zurückgreifen die er präzise führt. Katharina von Bock und Stefan Lahr sind wunderbar vornehme Eltern, Miriam Wager spielt die verwöhnte Tochter äusserst wandelbar und lebendig. Sehr überzeugend Nicolas Batthyany als Thomas, während Gerrit Frers Christian manchmal etwas überzogen wirkt. Vera Brommer, Andreas Storm und Pit Arne Pietz erweisen sich als überaus wandelbar und charakterisieren diverse Personen – Dienstmädchen, Ehemänner, Ehefrau, Bankiers, Liebhaber etc. – genau und ansprechend. Einen besonderen Auftritt hat Stefan Lahr noch als Kind, er verkörpert seinen Enkel und Sohn von Thomas.
Monika Frenz hat einen Raum ersonnen, der schlicht und dennoch höchst praktikabel und einleuchtend ist: eine Spielfläche, auf der sich jeweils das aktuelle Geschehen abspielt Darum herum sind verschiedenartige Sitzgelegenheiten drapiert, wo sich die an der Szene nicht beteiligten Personen befinden. Ihre Präsenz vermittelt eine faszinierende Geschlossenheit, welche die Aufführung prägt.

Erschienen in «Der Tößthaler», 19. Februar 2015

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