Juchitán, Bukittinggi und der Zürcher Lindenhof

guylang —  15. April 2012 — Kommentiere

Sie klingen schön, diese Namen im Titel. Finden Sie nicht? Und sie haben einiges gemeinsam. Vor allem Sie, liebe Leserinnen, müssten sich angesprochen fühlen, bezeichnen sie doch Orte, wo Frauen eine ganz wichtige Rolle spielen. Eine wichtigere als in unserer «normalen» Gesellschaft. Im Volk der Minangkabau auf Sumatra (Indonesien) – der Hauptort heisst eben Bukittinggi – damscht («herrscht» kann ich ja kaum schreiben) ein Matriarchat. Juchitan FrauDie Frauen sitzen in der Dorfbeiz, rauchen und fachsimpeln über Göttinnen und die Welt. Und die Männer werden geheiratet, müssen in den Clan der Schwiegermutter ziehen und machen den Haushalt.

Rauchen ist ebenfalls das Markenzeichen der Frauen von Juchitán. Allerdings ziehen sie dicke Zigarren den indonesischen Nelkenzigaretten vor. Schliesslich leben sie in Südmexiko, fünf Busfahrstunden von Oaxaca entfernt. Die Zapotekinnen vom Golf von Tehuantepec sind berühmt-berüchtigt für ihre Energie und Leibesfülle. fröhliche FrauUnd sie sind die absoluten Herrinnen des Handels. Finanziell unabhängig von den Männern überlassen sie denen die schweren Arbeiten. Überhaupt ist das Leben der stolzen Frauen von Lust geprägt: Eine soziale Regel besagt, dass an jeglichem Gewinn alle teilhaben müssen. Mann zwischen FrauenAlso wird bei jedem  Geschäftsabschluss ein Fest gefeiert. Dabei fliesst reichlich Bier, auch wird ausgiebigst gegessen und getanzt. Und weil die Zapotekinnen erfolgreich sind, jagen sich die Feiern täglich.

Starke Frauen gab und gibt es allerdings nicht nur in exotisch anmutenden Weltgegenden. Denken Sie an die Schweizerinnen, die im Zweiten Weltkrieg Kartoffeln anbauten, Kinder grosszogen und den Hof in Schwung hielten, während die Männer an der Grenze standen. Oder denken Sie an 1292. Der Habsburger Herzog Albrecht wollte Zürich erobern, die Frauen versammelten sich bewaffnet auf dem Lindenhof, die Österreicher kriegten Schiss und zogen ab. Zürich verdankt also seine Freiheit und somit seine wirtschaftliche Stärke den Frauen. Umso mehr erstaunt, dass sich in der heutigen Zeit die Frauen in der Wirtschaftswelt Schritt für Schritt in Spitzenpositionen vorkämpfen müssen.

Aber jetzt muss ich aufpassen. Schliesslich steht es mir als Mann nicht an, irgendwelche Ratschläge oder gar Anweisungen an die Adresse des anderen Geschlechts zu erteilen. Die modernen Frauen müssen selber entscheiden, ob sie den Geist von Bukittinggi, Juchitán und dem Lindenhof in der Schweiz der Gegenwart verankern können. Oder ob sie auswandern und das Matriarchat geniessen wollen.

die blaue Tasche

Erschienen in HR Today

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