Verkaufen – dank Körpereinsatz

guylang —  13. April 2012 — Kommentiere

Erotische Figuren sind der Grund, dass die Tempel von Khajuraho im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh weltberühmt sind. Die indischen Göttinnen und Götter aus Stein sind in bester Kamasutramanier dargestellt – küssend, streichelnd, ihre Körper in innigsten Umarmungen verschlungen. Sie haben erreicht, dass es die Liebe in die Unesco-Liste des Kulturwelterbes geschafft hat. Und dass Touristinnen und Touristen aus aller Welt den Weg zu den zwischen 950 und 1020 gebauten Heiligtümern finden. Sie sorgen auch dafür, dass zahlreiche Souvenirhändler, Getränkeanbieter und Hotelangestellte einen Job haben und ihre Familien ernähren können.  Indische HändlerAber eigentlich wollte ich über Kaufen und Verkaufen bei uns schreiben. Mein Handy ist – von der modernen Kommunikationsmittelbranche aus gesehen – schon uralt und der Akku dementsprechend schnell leer. Kurzerhand begab ich mich in einen entsprechenden Shop, um ein neues Plaudergerät zu erstehen. Die zwei Girls hinter der Theke unterhielten sich blendend über ihre letzte Party, auch mein Dastehen und offensichtliches Kaufinteresse störte sie keineswegs. Jetzt lade ich meinen Akku halt alle paar Tage wieder neu.
Für das Schaufenster ihres Geschäfts wollte eine Freundin einen Holzaufbau schreinern lassen. Sie beauftragte einen Handwerker eines mittelgrossen Betriebs, ihr einen Kostenvoranschlag zu unterbreiten. Er kam, mass und ward nicht mehr gesehen und gehört. Auch der mehrmalige Hilfeschrei um eine Antwort auf den Anrufbeantworter brachte kein Ergebnis. Weitere Beispiele von dynamischer Kundenbetreuung liessen sich anführen. Etwa dasjenige von einem Elektrogeschäft, das einen Beleuchtungsauftrag angenommen hatte, sich aber auch nach dreimonatiger Wartezeit nicht bemüssigt fühlte, die Bitte um einen Rückruf zu erfüllen.

Zurück nach Indien. Nach unserer Besichtigung der sinnlichen Anlagen wollte uns ein Händler zur Erinnerung Plastikfigürchen, in Posen der Tempelfiguren, verkaufen. Das Geschäft scheiterte, beim Handeln – in Indien ein absolutes Muss und Vergnügen für alle Beteiligten – trafen wir uns nicht. Er wollte für die billig gemachten Nachahmungen viel zu viele Rupien. Also bestiegen wir unser Auto und fuhren rund sieben Kilometer zur nächsten Sehenswürdigkeit. Wir verweilten, ergötzten uns am Gesehenen und wollten weiter nach Varanasi, der nächsten Stadt auf unserer Reise. Da hörten wir lautstarke «Hello»-Rufe, sahen einen wild gestikulierenden Velofahrer und erkannten «unseren» Andenkenverkäufer. Er hatte sich auf sein Gefährt geschwungen, war uns nachgestrampelt und unterbreitete mir ausser Atem ein neues, tieferes Angebot für die Plastikstatuen. Ich nahm an, denn diesen Einsatz als überzeugendes Kaufargument konnte ich nicht ablehnen.
Fazit: Erfolgreiches Verkaufen hat nicht nur mit Angebot und Nachfrage zu tun.

Erschienen in HR Today

 

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