Lotti Andersson war Marketingleiterin beim W\u00e4schehersteller Hanro in der Schweiz: Modeschauen, Reisen um die Welt und Glamour geh\u00f6rten zu ihrem t\u00e4glichen Leben. Davon ist in ihrem heutigen Leben nichts mehr zu finden: Statt mit Mode besch\u00e4ftigt sie sich mit 95 Alaska-Huskies und geniesst die Einsamkeit des schwedischen Nordens.<\/p>\n

$\"H\u00e4nsel$ <\/p>\n

\u00abVon der Hauptstrasse m\u00fcsst ihr etwa sieben Kilometer \u00fcber die Naturstrasse fahren und dann auf dem Parkplatz warten\u00bb, instruierte uns Lotti Andersson am Handy. Wir finden den Platz problemlos, die Bezeichnung \u00abParkplatz\u00bb allerdings ist \u00fcbertrieben. Ein \u00e4lterer VW-Bus, ein M\u00fcllcontainer, ein riesiger Haufen Birkenholz und unz\u00e4hlige M\u00fccken. Stille, nur der Wind raschelt durch Birken, wir sind alleine mitten in Lappland, etwa 100 km n\u00f6rdlich des Polarkreises.Pl\u00f6tzlich taucht ein weisser Hund mit einer umgeschnallten roten Tasche auf. Und kurz danach eine energische Frau \u2013 Lotti. \u00abEs sind etwa drei Kilometer bis zum Haus\u00bb, sagt sie und geht voran.\u00a0Erst noch auf einem Weg, sp\u00e4ter quer \u00fcber die Tundra, dann an Holzzwingern mit hochspringenden und bellenden Hunden vorbei, f\u00fchrt sie uns zu ihrer Lodge. Seit rund sechs Jahren lebt sie hier zusammen mit ihren 95 Hunden und bietet in der Wintersaison zusammen mit sechs Helfern Hundeschlittenfahrten an<\/em>.<\/p>\n

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Gelegenheiten immer spontan beim Schopf gepackt<\/em><\/em>
\nBegonnen hatte alles im Mai 1995. Lotti Andersson verliebte sich in einen blonden, blaua\u00fcgigen Schweden und folgte ihm in den Norden. Bis dahin hatte die Schweizerin vom Zu\u00fcrichsee eine ganz normale Karriere hinter sich: sie bildete sich zur Modedesignerin aus und arbeitete bei Hanro im Atelier f\u00fcr Unterw\u00e4sche. \u00abEs war eine wunderbare und wichtige Zeit\u00bb, erz\u00e4hlt sie, \u00ababer nach sechs Jahren f\u00fchlte ich mich im \u2039goldenen K\u00e4fig\u203a\u00bb. Lotti Andersson stieg aus und verdingte sich einige Zeit als Verkaufsleiterin bei verschiedenen Firmen. \u00abDann kam wieder die Hanro mit einem Angebot als Marketingleiterin f\u00fcr Herrenunterw\u00e4sche\u00bb. Sie akzeptierte gerne und genoss ihren Job und das Leben in vollen Z\u00fcgen: Reisen in die ganze Welt, Modeschauen, Glamour und sehr viel Arbeit. Pl\u00f6tzlich tauchte der Schwede auf \u2013 und: \u00abIch wanderte halt aus und hab ihn geheiratet\u00bb.<\/p>\n
Er besass eine kleine Farm und acht Hunde. Er weihte sie in die Geheimnisse des Mushing ein, in die Welt der Schlittenhunde. Nach der Hektik der Modewelt kam die Stille der Natur. Allerdings, so still wie man glaubt, ist das Leben in den W\u00e4ldern gar nicht. Unbekannte Ger\u00e4usche, Heulen und Bellen von Hunden, Knacken und Knarren von B\u00e4umen und unsichtbaren Tieren. Lotti: \u00abDas Leben in Lappland ist eine Herausforderung, abwechslungsreich und illusionslos. Du bist ganz auf dich allein gestellt. Ich liebe diese unbeschreibbare Sch\u00f6nheit der Natur\u00bb.<\/p>\n<\/div>\n
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Doch die vitale Frau ist keinesfalls eine romantische Schw\u00e4rmerin, sie steht mit beiden Beinen auf der Erde und weiss ganz genau, was sie will. Dies bewies sie auch, nachdem sich der charmante Ehemann als nicht ganz so charmant erwies, und sie sich scheiden liessen. Sie packte ihre Koffer, der Termin f\u00fcr die R\u00fcckkehr in die Schweiz war \u2013 sehr zum Bedauern einiger guter Freunde \u2013 festgelegt. In letzter Minute erhielt sie ein Angebot: sie k\u00f6nne ein Camp an einem kleinen See mit 75 Hunden \u00fcbernehmen. $\"\"$ <\/a>Das war im Februar 2005. Sie z\u00f6gerte nicht lange, \u00fcberlegte sich die Finanzierung und st\u00fcrzte sich ins Abenteuer.<\/p>\n
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Und wieder gab es jede Menge Arbeit: das Gesch\u00e4ft aufbauen, Huskies f\u00fcttern und pflegen, ein G\u00e4stehaus sowie eines f\u00fcr die Helfer errichten, Zwinger aufstellen, Holz schleppen. Dabei kann sie mit der Hilfe von Gehilfen rechnen. Sie hat eine junge Frau, ebenfalls eine Schweizerin mit Namen Sabine, die es nach Schweden getrieben hat, fest angestellt. Diese wohnt im n\u00e4chsten Dorf und nimmt jeden Tag den Weg durch den Wald auf sich. Oft kommen auch junge Menschen ins Camp, um im Sommer gegen Kost und Logis einige Zeit zu helfen. Im Winter umfasst das Team sechs Personen, erfahrene Musher, einen Koch und Helferinnen im Haus. Das Haus ist einfach, Strom gibt es nur, wenn der Generator in Betrieb ist. Als Badezimmer dient das Saunah\u00e4uschen, direkt unten am See. Der Ofen mit einem Wasserboiler wird mit Birkenholz aufgeheizt. Dort wird geschwitzt, werden Haare gewaschen, wird entspannt, \u00fcber das Tagesgeschehen nachgedacht und dort wachsen Ideen zu neuen Pl\u00e4nen.<\/p>\n
Umgang mit Hunden als Ausgleich f\u00fcr gestresste Stadtmenschen<\/em>
\nIm Mittelpunkt von Lotti Anderssons Leben stehen jedoch die Huskies. \u00abDie Tiere sind meine Partner. Mit ihnen arbeite ich, sie bestimmen den Tagesrhythmus\u00bb, betont sie. Dass es sich bei den Huskies nicht um brave Schossh\u00fcndchen handelt, zeigte sich beispielsweise auf einer Wanderung. Wir waren mit dreien unterwegs, als sie pl\u00f6tzlich in ein hektisches Gebell ausbrechen: Sie entdeckten eine Elchkuh. Sofort bildeten sie eine Jagdformation, einer von links, einer von rechts und einer von hinten und trieben das Tier vor sich her. Dem Opfer blieb nichts anderes \u00fcbrig, als sich in einen See zu st\u00fcrzen und schwimmend sein Heil zu suchen. H\u00e4nsel, Libby, Wanda, Chennai und wie sie alle heissen, haben alle einen eigenen, ausgepr\u00e4gten Charakter. \u00abSie sind wie Menschen\u00bb, teilt Lotti ihre Erfahrungen mit, \u00abdie einen wollen andauernd gelobt und gestreichelt werden, andere wissen genau um ihren Wert, wieder andere sind scheu, frech oder etwas arrogant.\u00bb Sie vergleicht ihre Arbeit mit derjenigen von Personalverantwortlichen. Sie m\u00fcsse ihre Partner jeden Tag einsch\u00e4tzen, ideale Teams f\u00fcr die Schlitten zusammenstellen, Stimmungen, Gesundheitszust\u00e4nde und Launen ersp\u00fcren. \u00abIch bin der Leithund; wenn ich sie anschreie, reagieren sie wie kleine Kinder. Sie ziehen den Schwanz ein, jaulen und ich sehe, dass sie sich offensichtlich nicht wohl f\u00fchlen.\u00bb<\/p>\n<\/div>\n
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Mitte August beginnt das Training f\u00fcr die Schlittenfahrten. Jeweils zehn Hunde werden vor einen 4-Wheeler gespannt, und rennen los. Es ist offensichtlich, dass ihnen das Bewegen ein Bed\u00fcrfnis ist. Machtk\u00e4mpfe, wer wo angespannt ist, gibt es kaum. \u00abGute Leithunde haben eine nat\u00fcrliche Autorit\u00e4t. Sie wollen mit dem Musher zusammenarbeiten, Verantwortung \u00fcbernehmen\u00bb. F\u00fcr gestresste Stadtmenschen sei der Umgang mit einem Gespann eine ausgezeichnete Erfahrung. \u00abDenn dem Hund ist es egal, ob du sch\u00f6n, dick, gut gekleidet, witzig oder eloquent bist. Er nimmt dich als Person wahr und man sagt, dass er die Aura eines Menschen sehen kann.\u00bb<\/p>\n
Ob sie nicht manchmal des Lebens abseits grosser St\u00e4dte mit ihrer Kultur \u00fcberdr\u00fcssig sei, will ich wissen. \u00abAbsolut nicht, diese Erfahrungen habe ich gehabt. Schliesslich hat alles seine Zeit und jetzt liebe ich das Leben hier in Lappland. Ich bin froh, dass ich auf meinen inneren Ruf geh\u00f6rt habe und Vertrauen ins Leben und mich selbst gefunden habe.\u00bb<\/p>\n
Lotti Andersson<\/strong>
\nwuchs in Visp im Wallis auf und liess sich zur Designerin ausbilden. Mit 24 Jahren begann sie bei Hanro als Schnittmusterzeichnerin und setzte dort ihre ersten Kollektionen um. Sp\u00e4ter arbeitete sie als selbst\u00e4ndige Designerin, ehe Hanro sie als Unterw\u00e4schedesignerin engagierte. $\"\"$ <\/a>Nach sechs Jahren verdingte sie sich bei diversen Firmen als Verkaufsleiterin. Wieder holte sie Hanro zur\u00fcck, diesmal als Marketingleiterin f\u00fcr Herrenunterw\u00e4sche. Mit 41 wanderte Lotti Andersson nach Skandinavien aus und erlernte das Mushing-Handwerk. 2005 \u00fcbernahm sie das Snow Trail Dogcamp in G\u00e4llivare<\/a>, Schweden, mit damals rund 70 Alaska-Huskies. Sie bietet im Winter verschiedene Mushing-Programme an, vom \u00abHuskie ABC\u00bb bis zu mehrt\u00e4gigen Hundeschlittenausfl\u00fcgen durch die verschneiten W\u00e4lder Lapplands.<\/p>\n
Auszug aus HR Today 11\/2009<\/a><\/p>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>\n<\/div>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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