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Buecherwand

Wie viel Zeit braucht der Traditionserhalt?
Kennen Sie die «Buddenbrooks»? Sicher. Sie wissen auch, dass der Roman seinem Erzeuger Thomas Mann 1929 den Nobelpreis für Literatur eintrug. Und dass das Werk mit dem Untertitel «Verfall einer Familie» zu denjenigen gehört, deren Lektüre geradezu bildungsbürgertümliche Pflicht ist. Ein Lesemuss der Allgemeinbildung. Aber – Hand aufs Herz – haben Sie den Wälzer wirklich schon gelesen? Immerhin handelt es sich um rund 767 Seiten. Wenn man annimmt, dass man für eine Seite etwa vier Minuten braucht, ergibt das 3068 Minuten. Und wer hat nebst dem Einverleiben von Börsenkursen, «20 Minuten», Visitenkarten, E-Mails sowie ab und an eines Fachschinkens noch Zeit für ein «normales» Buch?

Jetzt ist die Rettung nah. Eine der renommiertesten Schweizer Zeitungen – und das ist erstaunlich, denn sie legt viel Wert auf Werte – und ein Jungunternehmen, das sich auf die Zusammenfassung von Literatur spezialisiert hat, haben sich gefunden und veröffentlichen Kurzfassungen von Weltliteratur: «Krieg und Frieden», «Madame Bovary», «Faust I» oder «Odyssee». Auf 14 Seiten. Diese lassen sich in kürzester Zeit bewältigen. Und man weiss über Inhalt, Autor, Stil und historischen Hintergrund Bescheid. «Auf diese Weise wollen wir einen Beitrag zur Erhaltung der Überlieferung leisten», schreibt der Redaktionsleiter im Editorial des «Klassiker kompakt». Denn er beklagt, dass «das Bewusstsein für Traditionen zunehmend verloren» geht.

Die Absicht scheint ehrenwert. Doch wozu brauche ich eine neue Broschüre? Ich hocke ja sowieso an meinem zeitsparenden täglichen Arbeitsinstrument – dem Computer, Laptop, Blackberry oder so. Und dort gebe ich einen Romantitel – falls ich überhaupt ein kleines Zeitfenster für lesenden Müssiggang finde – bei einer Suchmaschine ein. Als Ergebnis erhalte ich in etwa die gleichen Informationen. Und sorge in «geraffter Form» für den Traditionserhalt in unserer Gesellschaft. Ich raffe mir quasi die abendländische Kultur zusammen. Das kommt mir so vor, als sollte ich vom Lesen einer Rezeptsammlung satt werden. Oder dass der geballte Zusammenschnitt mit Toren und sonstigen Höhepunkten am TV mir ein Fussballspiel ersetzen soll.

Doch vielleicht ist das auch gut so. Denn die Zeit vergeht immer schneller, die Freizeit muss mit Fitnessvermehrung verbracht werden, und das Lesen im stillen Kämmerlein ist unsozial. Dennoch bleibt der Anspruch der Bildung bestehen. Also Kurzfassungen lesen. Und wenn schon, dann mit dem Segen einer kulturellen Institution – wie dem Verlag an der Falkenstrasse in Zürich. Dennoch – die dünnen Klassiker vermitteln ein dünnes Wissen.

Erschienen in HR Today, 4 / 2006

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Traditionen und Nachhaltigkeit https://www.guylang.ch/?p=961 https://www.guylang.ch/?p=961#respond Tue, 18 Dec 2012 13:29:05 +0000 http://www.guylang.ch/?p=961 Ein Yak mit blauen Füssen ziert einen kleinen Teppich, den wir einst aus Nepal mitbrachten. Wir brauchen das 40 mal 40 cm messende Stück als Unterlage, immer wenn wir unsere zwei bis drei Skatabende pro Jahr als Ritual mit einem Freund zelebrieren. Er besucht uns, wir schlürfen einen Gin Tonic, die Unterlage wird ausgebreitet und die Karten verteilt.

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Nach etwa einer Stunde machen Yak, Karten und Gläser Platz für Teller und einen Imbiss. Nach der Pause kommen sie wieder zu Ehren.Ehre hat der kleine Yak auch verdient. Ist er doch handgewoben und stammt von einer Frau, die nach einer mühseligen Wanderung über steile Pässe und hohe Berge von Tibet nach Nepal gelangte. Dort produzierte sie in einem dunklen Raum auf dem feuchten Boden Teppiche, um sich und ihre Familie mehr schlecht als recht durchzubringen. Ihr Handwerk hat sie auch ihrem Nachwuchs weitergegeben, die Tradition, auf die sie so stolz war, sollte erhalten bleiben. Ihr Sohn hat denn die Teppichfabrikation ausgebaut und modernisiert, arbeitet mit Laptop und Handy. Auch die Arbeitsbedingungen wurden verbessert, die Produktion gesteigert.

Ebenfalls wurden die Umweltprobleme, die durch das verseuchte Wasser der Färbereien entstanden sind, in Angriff genommen: Projekte, welche die Wollfärbereien am dem Rand der Siedlungen verlagern sowie Wasseraufbereitungsanlagen werden installiert. Aus einer Tradition entwickelte sich ein nachhaltiger und zukunftsträchtiger Arbeitszweig mit modernen Designteppichen.

«Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!» – auch bei uns gibt es zahllose Beispiele für Altes, welches von Jungen in neuer Form weitergeführt wird. Neulich – auf einer Wanderung in der Innerschweiz – stiessen wir auf einen Gasthof, den wir von früher kannten. Eine dunkle, verrauchte Stube mit abgeschabten Plastiktischtüchern. Um so grösser war unser Erstaunen, als wir eintraten: gestylte Tische, ansprechende Sets, ein verlockendes Speiseangebot. Statt vor Fett triefender Rösti gab’s Salatvariationen, satt abgestandenem Kaffee aus einer Thermoskanne frisch gebrühten Espresso, statt mürrischer Serviertochter aufgestelltes, junges Personal.

Ob Himalaya oder Voralpen, ob globalisiert oder local business, Traditionen haben wir gern, Bewährtes lieben wir. Um so wichtiger ist der innovative Umgang mit diesen Traditionen. Nachhaltigkeit stellt sich dank der Lebendigkeit von Überliefertem durch neue Ideen ein.

Erschienen in HR Today 12/2011

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Langfristige Personalplanung https://www.guylang.ch/?p=923 https://www.guylang.ch/?p=923#respond Wed, 28 Nov 2012 08:39:41 +0000 http://www.guylang.ch/?p=923 Der elegante Vogel ist aus Metall, etwa 1.50 m hoch, hat einen ganz langen Schnabel und sieht beim Näherkommen aus wie ein Storch. Ist ja irgendwie logisch, schliesslich steht er vor der dem Eingang zur Geburtenabteilung im Spital. Unübersehbar. Und unübersehbar sind auch die farbigen Zettel  –  rote, gelbe blaue grüne – die er statt gewickelter Babys im Schnabel trägt. SAMSUNGLaut Volksmund bringt er ja den Nachwuchs zu den glücklichen Eltern. In einer Gynäkologie wäre er mit der lebendigen Last gewichtsmässig völlig überfordert: 3980g, 2870g, 4270g, 2770 g, 3940 g… Diese Angaben sind von Hand auf die Karten geschrieben, zusammen mit Namen, Datum, Grösse und Geburtsstunde.

Das wäre ausser für Verwandte und Freunde ja nicht besonders interessant, gäbe es nicht ungeahnte Perspektiven für Recruiter. Kurzfristig nützt der silberne Vogel allerdings nichts. Aber er bietet ungeahnte Zukunftsperspektiven. Wie wir alle wissen, herrscht Personalmangel für Fachkräfte. Nun können Headhunter, Personalchefs und andere Suchende sich die öffentlichen Informationen in der Geburtsklinik holen.

Also da steht beispielsweise – die Namen sind der Redaktion bekannt, hier allerdings verändert – «Tom; 19.7.; 12.45; 4020g, 50 cm» oder «Irene, 19.7.; 9.28; 2730 g; 46 cm». Wer nun einen eher kräftigeren Facharbeiter sucht, wird Tom im Auge behalten, eine Modelagentur hofft auf lang wachsende Beine bei Irene. Wichtige Angaben sind auch die Geburtszeiten. Als Nachtwächter ist «Franz, 01.40» sicher eher geeignet als Fritz, der sich bis 14.30 Zeit gelassen hat.

Als Quell von Namensinspirationen lässt sich der Schnabelinhalt des Vogels ebenfalls gebrauchen. Leoarba, Flurin Lion oder Dustin Liam – klingen diese Namen nicht schön? Diese Menschen scheinen prädestiniert für ein Leben in fernen, abenteuerlichen Ländern. Als Reiseleiterin, Archäologe oder bündnerischer Bergjäger, der statt eines Bären einem Löwen nachpirscht.

Ob allerdings Castingprofis von künftigen Oscarpreisträgerinnen und -trägern hier fündig werden, ist fraglich. Denn in Wirklichkeit sehen alle Neugeborene bis ins Alter von rund einem Jahr ziemlich gleich aus (ich weiss, dass ich für diese Behauptung Proteste in Orkanstärke ernten werde). Und Fotos nach Ausbildung individueller Gesichtszüge trägt der Storch ja nicht mit.

erschienen in HR Today, September 2012

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Verfallsdatum und Jugendlichkeit https://www.guylang.ch/?p=863 https://www.guylang.ch/?p=863#respond Tue, 20 Nov 2012 19:59:13 +0000 http://www.guylang.ch/?p=863 Bei einem Besuch in Deutschland offerierte mir meine Gastgeberin einen Fruchtsaft aus einer Glasflasche mit Drehverschluss. Das war im letzten Sommer, am Samstag, den 5. August. In einer Gesprächspause fiel mein Blick auf das Verfallsdatum des Getränks: 5.8.2006, 17.32 Uhr. Ich sah auf die Uhr und erschrak: 18.04! Mir wurde siedend heiss und trockeneismässig kalt, Vergiftungsvisionen überfielen mich. Zwar hatte der Saft ganz normal geschmeckt, aber war da nicht ein seltsam schaler Geschmack gewesen? Ich kramte in meinem Gehirn nach Fakten aus dem Biologieunterricht – er liegt immerhin schon etwa 35 Jahre zurück – darüber, wie schnell sich Bakterien, Kokken und anderes todbringendes Getier vermehrt.
Indische Gerwuerze
Heimlich sah ich in einen Spiegel, konnte jedoch keine Veränderungen feststellen. Weder war ich grün im Gesicht noch traten meine Augen glubschend aus den Höhlen. Nach einer eher unruhigen Nacht wachte ich erleichtert auf – ich hatte den abgelaufenen Saft überlebt.

Besser als produzierte Dinge haben es die Menschen. Sie verfallen nicht, sie zeigen nur Abnützungserscheinungen. In Gesicht, Körper und Geist. Der Verfall kommt eher fliessend. Während bei Esswaren etwas datummässig Verfallenes endgültig schlecht ist und weggeschmissen werden muss, können bei den Übergängen im menschlichen Bereich gewisse Abhilfen geschaffen oder zumindest Korrekturen angebracht werden.

Man denke nur an ästhetische Medizin, die florierende Pharmaindustrie oder all die Anti-Ageing-Angebote. Es ist heutzutage eine Tatsache, dass «Ältere» immer «jünger» werden – die bekannten demografischen Probleme will ich hier mal ausklammern. Gesucht wird nach jungen Mitarbeitenden oder solchen, die zumindest so wirken. Alt aussehen impliziert Unflexibilität, Vergangenheit, eben das Verfallsdatum überschritten habend. Und so wird sehr viel unternommen, um den strahlenden Anschien zu wahren. Am liebsten hat man Zwanzigjährige, die allerdings möglichst eine Berufserfahrung von Vierzigjährigen haben sollten. Juvenilität versus Senilität.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es einen neuen Beruf geben könnte: «Gesichtsentfalter für Bewerbungsgespräche.» Geeignet sind beispielsweise Botoxbehandlungen – die Falten werden einfach weggespritzt. Allerdings muss man sich über das Verfallsdatum dieser Substanz im Klaren sein. Sonst kann es passieren, dass mitten in einem wichtigen Gespräch die Wirkung nachlässt, die glatte Haut sich faltet und der eine Geschäftspartner plötzlich ganz alt aussieht.

Erschienen in HR Today

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Menschenverstand und Spaghetti-Zertifikat https://www.guylang.ch/?p=826 Tue, 06 Nov 2012 16:00:56 +0000 http://www.guylang.ch/?p=826 Beglückt kam ich vor einigen Tagen aus einem meiner seltenen Kinoabende. Der Film handelte von älteren Menschen in London, die aus irgendwelchen Gründen – Geldmangel, Erinnerungen an die Jugendzeit und ähnliches – ihr Leben verändern mussten. Da kam ihnen ein Prospekt, der eine luxuriöse Altersresidenz in einem prächtigen Palast von Jaipur anpreist, gerade recht. Wie sie ihr neues Leben im indischen Gewimmel einer Grossstadt angehen,

Strassengewimmel okmeistern oder einfach über sich ergehen lassen, ist ein Taumel an Farben, Menschlichkeit und Unerwartetem. Um die Geschichte zu geniessen, sind Indienkenntnisse nicht erforderlich, sie verstärken den Eindruck allerdings, weil Situationen, Begegnungen und Reaktionen gezeigt werden, die alle Indienreisenden so und ähnlich schon erlebt haben.

 

Vor Ofen

ElektrodraehteMir ist dabei aufgefallen, wie viel Kreativität und Flexibilität in unvorhergesehenen Umständen im eigenen Leben frei gesetzt werden und wie viele Lösungen es für Lebensentwürfe gibt. Und wie scheinbar gegensätzliche Kulturen und Gewohnheiten zusammen finden und sich gegenseitig befruchten können. Bei uns verspüre ich immer den Zwang, alles ganz genau zu planen und das Berufs-, Familien- und andere Leben in vorgegebenen Formen zu verbringen. Klappt etwas nicht ganz genau, kommt es zu Problemen, die meist schwer nachvollziehbar sind.

So kenne ich einen liebenswürdigen Menschen, der seine Leidenschaft, nämlich Menschen zu helfen, zu seinem Beruf gemacht hat. Er war äusserst erfolgreich, beliebt bei Schützlingen ebenso wie im Kollegenkreis und stieg selbstverständlich in der Hierarche auf. Eines Tages kündigte er. Seine Begründung: Sein Job bestehe aus Gründen der Zertifizierung jetzt zu 80 Prozent aus Büroarbeit, seine eigentliche Berufung, mit den Menschen zu arbeiten sei zur Marginalie verkommen. Sicher haben auch klare Regeln und Zertifizierungen einen berechtigten Sinn. Doch bei uns werden zwischenmenschliches Verhalten und ungewohnte Lösungen meist der Finanzierbarkeit und dem Gewinndenken der Aktionäre hintangestellt.

Dass Grosseltern einen Berechtigungsschein zur Enkelbetreuung brauchen, ist ja zum Glück vom Tisch. Doch ich warte auf den Tag, an dem ein findiger Beamter den Vorstoss macht, dass ich eine Koch-, Warenkunde- und Gesundheitsprüfung brauche, wenn ich meine Freunde einladen und bekochen will – im Volksmund bekannt als Spaghetti Zertifizierung.

Erschienen in HR Today

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Halb statt doppelt https://www.guylang.ch/?p=686 Tue, 09 Oct 2012 11:08:04 +0000 http://www.guylang.ch/?p=686 Rasch noch ein Bier trinken vor dem Heimgehen, geschwind noch einen Blick in den «Blick am Abend», ohne Zeitverslust noch was Einkaufen, schleunigst was Essen, das Kino wartet nicht … uff! TulpenstraussSie kennen das sicherlich auch. Unser Leben ohne diese tägliche Eile ist kaum vorstellbar. Entziehen können wir uns dem Geschwindigkeitsrausch kaum. Überall in der Stadt grinsen uns Uhren an, überall sind wir dank I-Phon, Handy und Laptop jederzeit abrufbar – die Devise «time is money» ist in unserer kapitalistischen Welt voll präsent. Beim «Eben-schnell-mal-ein-bisschen-surfen. bin ich auf eine Meldung gestossen, die mich innehalten liess: «Walter Nater starb überraschend nach einer Herzoperation». Irgendwie kam mir der Name bekannt vor, schliesslich erinnerte ich mich. Ziemlich genau vor 17 Jahren habe ich ihn besucht und einen Artikel über ihn verfasst. Er war Drogist. Aber noch viel wichtiger, er war Musiker und war felsenfest davon überzeugt, dass die barocke und frühklassische Musik viel zu schnell gespielt wurde.

«Ein Taliban der Entschleunigung» hat ihn der «Berliner Tagesspiegel» einmal genannt. Denn für Nater – er hatte durch emsiges Forschen in Bibliotheken, Briefen von Mozart und weiteren Komponisten überzeugende Argumente für seine Thesen gefunden – war klar, dass er sich doppelt so viel Zeit für einen Ton , beispielsweise eine Viertelnote, nehmen musste als alle anderen. Üblicherweise stellt man ein Metronom nach den Tempoangaben des Komponisten ein und der Zeiger schlägt hin und her. Tick, Tack, Tick, Tack. Jeder Schlag steht für eine Note. Nicht so für den musikalischen Drogisten. Für ihn galt «Tick,Tack» als ein Schlag, also das Hin und das Her, das ergibt halbes Tempo.

Ich erinnerte mich an mein Interview mit ihm. Er legte mich auf eine Couch, stülpte mir Kopfhörer über und spielte mir eine «normale» Interpretation eines Werkes und dann seine Version vor. Es war verblüffend. Plötzlich überkam mich eine Ruhe, ich erlebte die «langsame» Musik im Einklang mit meinem Atem und dem Puls.  Aber eben, die angenehme Entschleunigung, die nicht nur für die Musik galt, war schnell wieder vergessen. Erst jetzt fiel sie mir wieder ein. Und ich realisierte, dass der seltsame Forscher schon damals voll im Trend lag: Slow Food, Slow Travel, Slow down etc. Jetzt schlürfe ich das Bier wieder langsam, lese die Zeitung ausführlich, geniesse das sorgsam ausgesuchte Essen und verzichte aufs Kino.
Erschienen in HR Today 2012

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Juchitán, Bukittinggi und der Zürcher Lindenhof https://www.guylang.ch/?p=156 https://www.guylang.ch/?p=156#respond Sun, 15 Apr 2012 08:24:57 +0000 http://www.guylang.ch/?p=156 Sie klingen schön, diese Namen im Titel. Finden Sie nicht? Und sie haben einiges gemeinsam. Vor allem Sie, liebe Leserinnen, müssten sich angesprochen fühlen, bezeichnen sie doch Orte, wo Frauen eine ganz wichtige Rolle spielen. Eine wichtigere als in unserer «normalen» Gesellschaft. Im Volk der Minangkabau auf Sumatra (Indonesien) – der Hauptort heisst eben Bukittinggi – damscht («herrscht» kann ich ja kaum schreiben) ein Matriarchat. Juchitan FrauDie Frauen sitzen in der Dorfbeiz, rauchen und fachsimpeln über Göttinnen und die Welt. Und die Männer werden geheiratet, müssen in den Clan der Schwiegermutter ziehen und machen den Haushalt.

Rauchen ist ebenfalls das Markenzeichen der Frauen von Juchitán. Allerdings ziehen sie dicke Zigarren den indonesischen Nelkenzigaretten vor. Schliesslich leben sie in Südmexiko, fünf Busfahrstunden von Oaxaca entfernt. Die Zapotekinnen vom Golf von Tehuantepec sind berühmt-berüchtigt für ihre Energie und Leibesfülle. fröhliche FrauUnd sie sind die absoluten Herrinnen des Handels. Finanziell unabhängig von den Männern überlassen sie denen die schweren Arbeiten. Überhaupt ist das Leben der stolzen Frauen von Lust geprägt: Eine soziale Regel besagt, dass an jeglichem Gewinn alle teilhaben müssen. Mann zwischen FrauenAlso wird bei jedem  Geschäftsabschluss ein Fest gefeiert. Dabei fliesst reichlich Bier, auch wird ausgiebigst gegessen und getanzt. Und weil die Zapotekinnen erfolgreich sind, jagen sich die Feiern täglich.

Starke Frauen gab und gibt es allerdings nicht nur in exotisch anmutenden Weltgegenden. Denken Sie an die Schweizerinnen, die im Zweiten Weltkrieg Kartoffeln anbauten, Kinder grosszogen und den Hof in Schwung hielten, während die Männer an der Grenze standen. Oder denken Sie an 1292. Der Habsburger Herzog Albrecht wollte Zürich erobern, die Frauen versammelten sich bewaffnet auf dem Lindenhof, die Österreicher kriegten Schiss und zogen ab. Zürich verdankt also seine Freiheit und somit seine wirtschaftliche Stärke den Frauen. Umso mehr erstaunt, dass sich in der heutigen Zeit die Frauen in der Wirtschaftswelt Schritt für Schritt in Spitzenpositionen vorkämpfen müssen.

Aber jetzt muss ich aufpassen. Schliesslich steht es mir als Mann nicht an, irgendwelche Ratschläge oder gar Anweisungen an die Adresse des anderen Geschlechts zu erteilen. Die modernen Frauen müssen selber entscheiden, ob sie den Geist von Bukittinggi, Juchitán und dem Lindenhof in der Schweiz der Gegenwart verankern können. Oder ob sie auswandern und das Matriarchat geniessen wollen.

die blaue Tasche

Erschienen in HR Today

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https://www.guylang.ch/?feed=rss2&p=156 0
Verkaufen – dank Körpereinsatz https://www.guylang.ch/?p=126 https://www.guylang.ch/?p=126#respond Fri, 13 Apr 2012 12:54:29 +0000 http://www.guylang.ch/?p=126 Erotische Figuren sind der Grund, dass die Tempel von Khajuraho im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh weltberühmt sind. Die indischen Göttinnen und Götter aus Stein sind in bester Kamasutramanier dargestellt – küssend, streichelnd, ihre Körper in innigsten Umarmungen verschlungen. Sie haben erreicht, dass es die Liebe in die Unesco-Liste des Kulturwelterbes geschafft hat. Und dass Touristinnen und Touristen aus aller Welt den Weg zu den zwischen 950 und 1020 gebauten Heiligtümern finden. Sie sorgen auch dafür, dass zahlreiche Souvenirhändler, Getränkeanbieter und Hotelangestellte einen Job haben und ihre Familien ernähren können.  Indische HändlerAber eigentlich wollte ich über Kaufen und Verkaufen bei uns schreiben. Mein Handy ist – von der modernen Kommunikationsmittelbranche aus gesehen – schon uralt und der Akku dementsprechend schnell leer. Kurzerhand begab ich mich in einen entsprechenden Shop, um ein neues Plaudergerät zu erstehen. Die zwei Girls hinter der Theke unterhielten sich blendend über ihre letzte Party, auch mein Dastehen und offensichtliches Kaufinteresse störte sie keineswegs. Jetzt lade ich meinen Akku halt alle paar Tage wieder neu.
Für das Schaufenster ihres Geschäfts wollte eine Freundin einen Holzaufbau schreinern lassen. Sie beauftragte einen Handwerker eines mittelgrossen Betriebs, ihr einen Kostenvoranschlag zu unterbreiten. Er kam, mass und ward nicht mehr gesehen und gehört. Auch der mehrmalige Hilfeschrei um eine Antwort auf den Anrufbeantworter brachte kein Ergebnis. Weitere Beispiele von dynamischer Kundenbetreuung liessen sich anführen. Etwa dasjenige von einem Elektrogeschäft, das einen Beleuchtungsauftrag angenommen hatte, sich aber auch nach dreimonatiger Wartezeit nicht bemüssigt fühlte, die Bitte um einen Rückruf zu erfüllen.

Zurück nach Indien. Nach unserer Besichtigung der sinnlichen Anlagen wollte uns ein Händler zur Erinnerung Plastikfigürchen, in Posen der Tempelfiguren, verkaufen. Das Geschäft scheiterte, beim Handeln – in Indien ein absolutes Muss und Vergnügen für alle Beteiligten – trafen wir uns nicht. Er wollte für die billig gemachten Nachahmungen viel zu viele Rupien. Also bestiegen wir unser Auto und fuhren rund sieben Kilometer zur nächsten Sehenswürdigkeit. Wir verweilten, ergötzten uns am Gesehenen und wollten weiter nach Varanasi, der nächsten Stadt auf unserer Reise. Da hörten wir lautstarke «Hello»-Rufe, sahen einen wild gestikulierenden Velofahrer und erkannten «unseren» Andenkenverkäufer. Er hatte sich auf sein Gefährt geschwungen, war uns nachgestrampelt und unterbreitete mir ausser Atem ein neues, tieferes Angebot für die Plastikstatuen. Ich nahm an, denn diesen Einsatz als überzeugendes Kaufargument konnte ich nicht ablehnen.
Fazit: Erfolgreiches Verkaufen hat nicht nur mit Angebot und Nachfrage zu tun.

Erschienen in HR Today

 

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Märchenstunde in der S-Bahn https://www.guylang.ch/?p=33 https://www.guylang.ch/?p=33#respond Sun, 08 Apr 2012 07:39:00 +0000 http://www.guylang.ch/?p=33 Morgens, etwa 7.30 Uhr, S9 vom Säuliamt Richtung Zürich HB. Hektisches Treiben an den Smartphones, Blackberrys und Handys. Und die Kreuzworträtsel in den Gratiszeitungen füllen sich. Rascheln, flüstern, gähnen, die Stimmung ist gespannt müde – kurz ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag beginnt.Valle Heureuse «Da chunnt s chli Meiteli vor e Türe, chlopfet und wartet. Denn chunt en alte Ma mit eme wisse Bart use und sait: ‹Du häsch jetzt drüü Wünsch offe…›». Nach und nach verstummen die Telefongespräche, die Leute suchen verstohlen die Richtung, aus der diese Worte kommen. Und sie beginnen gebannt zuzuhören. Eine ungewohnte, ruhevolle Atmosphäre verbreitet sich in der Bahn.
Die Stimme ist bald geortet: eine junge Mutter liest ihrer kleinen Tochter aus einem Märchenbuch vor. Wahrscheinlich ist sie auf dem Weg zur Krippe, ehe sie selber zur Arbeit geht. Und dann hängt plötzlich nicht nur das gelockte Wesen mit den bunten Haarklammern am Mund der Mutter, auch die Aufmerksamkeit der eben noch gelangweit müden Morgenmuffel wendet sich dem Paar zu.

Besser als alle geschriebenen Artikel, besuchten Seminare und gelehrten Abhandlungen zeigt die Märchenstunde in der S-Bahn die veränderten Arbeits- und Familienstrukturen in unserer heutigen Berufswelt. Frauen sind gleichzeitig auf dem Weg zur Krippe und zur Arbeit. Und bringen Business und Familie pragmatisch unter einen Hut.
Noch ein seltenes Kunstwerk gelingt der Frau: Sie lässt die Welt für einen Moment stehen und bringt vier Abteile voller berufstätiger Menschen dazu, den Alltag zu vergessen und in eigene Erinnerungen abzutauchen. Erinnerungen an die eigenen Mütter und ihre Geschichten, an glückliche Stunden im Kindergarten und an die Märchen, die wieder aus dem Nebel des Vergessenseins auftauchen. Und die nur höchst ungern aussteigen weil die Erzählung noch nicht zu Ende ist.
Übrigens, es handelt sich bei der beschriebenen Szene keineswegs um einen Einzelfall: sie wiederholt sich viermal in der Woche. Und es ist spannend zu beobachten, wie sich eine kleine Fangemeinde im Wagen bildet, die das Repertoire der gesammelten Märchenliteratur wieder entdeckt.

Erschienen in HR Today

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Chaos – und die Ideen purzeln https://www.guylang.ch/?p=28 https://www.guylang.ch/?p=28#respond Thu, 05 Apr 2012 17:47:59 +0000 http://www.guylang.ch/?p=28 «Wo ist diese Tabelle? Ich habe sie doch extra ausgedruckt!» Manchmal verzweifle ich an mir selber. Ich arbeite an einem komplexen Text, bin mitten drin, in meinem Kopf entwickeln sich die Formulierungen, jetzt brauche ich zwei, drei Zahlen aus besagter Tabelle.

Pult

Ich war überzeugt, dass ich sie unter dem chaotischen Stapel Papier auf meinem Pult einfach hervorziehen kann, dass mein Gedankenfluss weder gestört noch unterbrochen wird. Und dann ist dieser verd… – blöde – Zettel nicht da. Also muss ich suchen. Und schwöre mir, dass ich fortan besser aufräume, die Papierbeigen geordnet hinlege. Also suche ich, durchwühle die Unordnung. Und beschliesse – schliesslich ist es effizient, nicht alles zwei Mal in die Hände zu nehmen – zu ordnen und abzulegen. Die Arbeit an meinem dringenden Text verschiebe ich. Irgendwie werde ich den Termin schon halten können (das ist mir später auch gelungen). Und so mach ich fein säuberlich Häufchen, loche, bostiche zusammen und hole die verschiedenen Ordner aus dem Regal. Was das Durcheinander auf dem Pult noch verstärkt, aber immerhin der künftigen Ordnung dient.

Endlich stosse ich – zwar nicht auf die gesuchte Tabelle – auf eine ausgedruckte Pressetext-Meldung. Und staune nicht schlecht über das, was da steht. Wiewohl ich sie einmal als wichtig erachtet habe, habe ich sie dennoch vergessen: «Chaos am Schreibtisch lässt einfacher denken». Und als Untertitel: «Gehirn räumt bei Unordnung der Umgebung Gedanken auf». Wow! Ich bin ja gar nicht so schlimm wie ich gedacht habe! Und freue mich über den Ideenschwall, der mich überfluten wird. Die Forscher unter der Leiterin Jia Liu der Universität Groningen hatten eine sinnvolle Studie auf die Beine gestellt, die nicht nur mich, sondern Millionen von Pultarbeiterinnen und -arbeitern mit einem reinen Gewissen versehen.

«Chaos in der Umgebung spornt dazu an, einfache Lösungen zu finden», steht da zum Beispiel. Und: «Die menschliche Natur sträubt sich gegen Unordnung. In kulturell unterschiedlichem Ausmass versuchen wir stets Organisation in unser Umfeld zu bringen» – alles Wasser auf meine Mühle. Und stolz betrachte ich die Haufen auf meinem Arbeitsplatz, beschliesse die Ordner, ohne Belege abgelegt zu haben, liegen zu lassen. Doch dann las ich das Fazit. Die Unordnung solle man nicht selber erzeugen, sondern das Zurechtkommen mit ihr üben. «Unordnung macht die Arbeit nicht produktiver, doch sie kann zur Fokussierung verhelfen». Na dann, räume ich halt auf.

Erschienen in HR Today

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