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Wie viel Zeit braucht der Traditionserhalt?
Kennen Sie die «Buddenbrooks»? Sicher. Sie wissen auch, dass der Roman seinem Erzeuger Thomas Mann 1929 den Nobelpreis für Literatur eintrug. Und dass das Werk mit dem Untertitel «Verfall einer Familie» zu denjenigen gehört, deren Lektüre geradezu bildungsbürgertümliche Pflicht ist. Ein Lesemuss der Allgemeinbildung. Aber – Hand aufs Herz – haben Sie den Wälzer wirklich schon gelesen? Immerhin handelt es sich um rund 767 Seiten. Wenn man annimmt, dass man für eine Seite etwa vier Minuten braucht, ergibt das 3068 Minuten. Und wer hat nebst dem Einverleiben von Börsenkursen, «20 Minuten», Visitenkarten, E-Mails sowie ab und an eines Fachschinkens noch Zeit für ein «normales» Buch?
Jetzt ist die Rettung nah. Eine der renommiertesten Schweizer Zeitungen – und das ist erstaunlich, denn sie legt viel Wert auf Werte – und ein Jungunternehmen, das sich auf die Zusammenfassung von Literatur spezialisiert hat, haben sich gefunden und veröffentlichen Kurzfassungen von Weltliteratur: «Krieg und Frieden», «Madame Bovary», «Faust I» oder «Odyssee». Auf 14 Seiten. Diese lassen sich in kürzester Zeit bewältigen. Und man weiss über Inhalt, Autor, Stil und historischen Hintergrund Bescheid. «Auf diese Weise wollen wir einen Beitrag zur Erhaltung der Überlieferung leisten», schreibt der Redaktionsleiter im Editorial des «Klassiker kompakt». Denn er beklagt, dass «das Bewusstsein für Traditionen zunehmend verloren» geht.
Die Absicht scheint ehrenwert. Doch wozu brauche ich eine neue Broschüre? Ich hocke ja sowieso an meinem zeitsparenden täglichen Arbeitsinstrument – dem Computer, Laptop, Blackberry oder so. Und dort gebe ich einen Romantitel – falls ich überhaupt ein kleines Zeitfenster für lesenden Müssiggang finde – bei einer Suchmaschine ein. Als Ergebnis erhalte ich in etwa die gleichen Informationen. Und sorge in «geraffter Form» für den Traditionserhalt in unserer Gesellschaft. Ich raffe mir quasi die abendländische Kultur zusammen. Das kommt mir so vor, als sollte ich vom Lesen einer Rezeptsammlung satt werden. Oder dass der geballte Zusammenschnitt mit Toren und sonstigen Höhepunkten am TV mir ein Fussballspiel ersetzen soll.
Doch vielleicht ist das auch gut so. Denn die Zeit vergeht immer schneller, die Freizeit muss mit Fitnessvermehrung verbracht werden, und das Lesen im stillen Kämmerlein ist unsozial. Dennoch bleibt der Anspruch der Bildung bestehen. Also Kurzfassungen lesen. Und wenn schon, dann mit dem Segen einer kulturellen Institution – wie dem Verlag an der Falkenstrasse in Zürich. Dennoch – die dünnen Klassiker vermitteln ein dünnes Wissen.
Erschienen in HR Today, 4 / 2006
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Nach etwa einer Stunde machen Yak, Karten und Gläser Platz für Teller und einen Imbiss. Nach der Pause kommen sie wieder zu Ehren.Ehre hat der kleine Yak auch verdient. Ist er doch handgewoben und stammt von einer Frau, die nach einer mühseligen Wanderung über steile Pässe und hohe Berge von Tibet nach Nepal gelangte. Dort produzierte sie in einem dunklen Raum auf dem feuchten Boden Teppiche, um sich und ihre Familie mehr schlecht als recht durchzubringen. Ihr Handwerk hat sie auch ihrem Nachwuchs weitergegeben, die Tradition, auf die sie so stolz war, sollte erhalten bleiben. Ihr Sohn hat denn die Teppichfabrikation ausgebaut und modernisiert, arbeitet mit Laptop und Handy. Auch die Arbeitsbedingungen wurden verbessert, die Produktion gesteigert.
Ebenfalls wurden die Umweltprobleme, die durch das verseuchte Wasser der Färbereien entstanden sind, in Angriff genommen: Projekte, welche die Wollfärbereien am dem Rand der Siedlungen verlagern sowie Wasseraufbereitungsanlagen werden installiert. Aus einer Tradition entwickelte sich ein nachhaltiger und zukunftsträchtiger Arbeitszweig mit modernen Designteppichen.
«Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!» – auch bei uns gibt es zahllose Beispiele für Altes, welches von Jungen in neuer Form weitergeführt wird. Neulich – auf einer Wanderung in der Innerschweiz – stiessen wir auf einen Gasthof, den wir von früher kannten. Eine dunkle, verrauchte Stube mit abgeschabten Plastiktischtüchern. Um so grösser war unser Erstaunen, als wir eintraten: gestylte Tische, ansprechende Sets, ein verlockendes Speiseangebot. Statt vor Fett triefender Rösti gab’s Salatvariationen, satt abgestandenem Kaffee aus einer Thermoskanne frisch gebrühten Espresso, statt mürrischer Serviertochter aufgestelltes, junges Personal.
Ob Himalaya oder Voralpen, ob globalisiert oder local business, Traditionen haben wir gern, Bewährtes lieben wir. Um so wichtiger ist der innovative Umgang mit diesen Traditionen. Nachhaltigkeit stellt sich dank der Lebendigkeit von Überliefertem durch neue Ideen ein.
Erschienen in HR Today 12/2011
]]>Das wäre ausser für Verwandte und Freunde ja nicht besonders interessant, gäbe es nicht ungeahnte Perspektiven für Recruiter. Kurzfristig nützt der silberne Vogel allerdings nichts. Aber er bietet ungeahnte Zukunftsperspektiven. Wie wir alle wissen, herrscht Personalmangel für Fachkräfte. Nun können Headhunter, Personalchefs und andere Suchende sich die öffentlichen Informationen in der Geburtsklinik holen.
Also da steht beispielsweise – die Namen sind der Redaktion bekannt, hier allerdings verändert – «Tom; 19.7.; 12.45; 4020g, 50 cm» oder «Irene, 19.7.; 9.28; 2730 g; 46 cm». Wer nun einen eher kräftigeren Facharbeiter sucht, wird Tom im Auge behalten, eine Modelagentur hofft auf lang wachsende Beine bei Irene. Wichtige Angaben sind auch die Geburtszeiten. Als Nachtwächter ist «Franz, 01.40» sicher eher geeignet als Fritz, der sich bis 14.30 Zeit gelassen hat.
Als Quell von Namensinspirationen lässt sich der Schnabelinhalt des Vogels ebenfalls gebrauchen. Leoarba, Flurin Lion oder Dustin Liam – klingen diese Namen nicht schön? Diese Menschen scheinen prädestiniert für ein Leben in fernen, abenteuerlichen Ländern. Als Reiseleiterin, Archäologe oder bündnerischer Bergjäger, der statt eines Bären einem Löwen nachpirscht.
Ob allerdings Castingprofis von künftigen Oscarpreisträgerinnen und -trägern hier fündig werden, ist fraglich. Denn in Wirklichkeit sehen alle Neugeborene bis ins Alter von rund einem Jahr ziemlich gleich aus (ich weiss, dass ich für diese Behauptung Proteste in Orkanstärke ernten werde). Und Fotos nach Ausbildung individueller Gesichtszüge trägt der Storch ja nicht mit.
erschienen in HR Today, September 2012
]]>Besser als produzierte Dinge haben es die Menschen. Sie verfallen nicht, sie zeigen nur Abnützungserscheinungen. In Gesicht, Körper und Geist. Der Verfall kommt eher fliessend. Während bei Esswaren etwas datummässig Verfallenes endgültig schlecht ist und weggeschmissen werden muss, können bei den Übergängen im menschlichen Bereich gewisse Abhilfen geschaffen oder zumindest Korrekturen angebracht werden.
Man denke nur an ästhetische Medizin, die florierende Pharmaindustrie oder all die Anti-Ageing-Angebote. Es ist heutzutage eine Tatsache, dass «Ältere» immer «jünger» werden – die bekannten demografischen Probleme will ich hier mal ausklammern. Gesucht wird nach jungen Mitarbeitenden oder solchen, die zumindest so wirken. Alt aussehen impliziert Unflexibilität, Vergangenheit, eben das Verfallsdatum überschritten habend. Und so wird sehr viel unternommen, um den strahlenden Anschien zu wahren. Am liebsten hat man Zwanzigjährige, die allerdings möglichst eine Berufserfahrung von Vierzigjährigen haben sollten. Juvenilität versus Senilität.
Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass es einen neuen Beruf geben könnte: «Gesichtsentfalter für Bewerbungsgespräche.» Geeignet sind beispielsweise Botoxbehandlungen – die Falten werden einfach weggespritzt. Allerdings muss man sich über das Verfallsdatum dieser Substanz im Klaren sein. Sonst kann es passieren, dass mitten in einem wichtigen Gespräch die Wirkung nachlässt, die glatte Haut sich faltet und der eine Geschäftspartner plötzlich ganz alt aussieht.
Erschienen in HR Today
]]>meistern oder einfach über sich ergehen lassen, ist ein Taumel an Farben, Menschlichkeit und Unerwartetem. Um die Geschichte zu geniessen, sind Indienkenntnisse nicht erforderlich, sie verstärken den Eindruck allerdings, weil Situationen, Begegnungen und Reaktionen gezeigt werden, die alle Indienreisenden so und ähnlich schon erlebt haben.
Mir ist dabei aufgefallen, wie viel Kreativität und Flexibilität in unvorhergesehenen Umständen im eigenen Leben frei gesetzt werden und wie viele Lösungen es für Lebensentwürfe gibt. Und wie scheinbar gegensätzliche Kulturen und Gewohnheiten zusammen finden und sich gegenseitig befruchten können. Bei uns verspüre ich immer den Zwang, alles ganz genau zu planen und das Berufs-, Familien- und andere Leben in vorgegebenen Formen zu verbringen. Klappt etwas nicht ganz genau, kommt es zu Problemen, die meist schwer nachvollziehbar sind.
So kenne ich einen liebenswürdigen Menschen, der seine Leidenschaft, nämlich Menschen zu helfen, zu seinem Beruf gemacht hat. Er war äusserst erfolgreich, beliebt bei Schützlingen ebenso wie im Kollegenkreis und stieg selbstverständlich in der Hierarche auf. Eines Tages kündigte er. Seine Begründung: Sein Job bestehe aus Gründen der Zertifizierung jetzt zu 80 Prozent aus Büroarbeit, seine eigentliche Berufung, mit den Menschen zu arbeiten sei zur Marginalie verkommen. Sicher haben auch klare Regeln und Zertifizierungen einen berechtigten Sinn. Doch bei uns werden zwischenmenschliches Verhalten und ungewohnte Lösungen meist der Finanzierbarkeit und dem Gewinndenken der Aktionäre hintangestellt.
Dass Grosseltern einen Berechtigungsschein zur Enkelbetreuung brauchen, ist ja zum Glück vom Tisch. Doch ich warte auf den Tag, an dem ein findiger Beamter den Vorstoss macht, dass ich eine Koch-, Warenkunde- und Gesundheitsprüfung brauche, wenn ich meine Freunde einladen und bekochen will – im Volksmund bekannt als Spaghetti Zertifizierung.
Erschienen in HR Today
]]>«Ein Taliban der Entschleunigung» hat ihn der «Berliner Tagesspiegel» einmal genannt. Denn für Nater – er hatte durch emsiges Forschen in Bibliotheken, Briefen von Mozart und weiteren Komponisten überzeugende Argumente für seine Thesen gefunden – war klar, dass er sich doppelt so viel Zeit für einen Ton , beispielsweise eine Viertelnote, nehmen musste als alle anderen. Üblicherweise stellt man ein Metronom nach den Tempoangaben des Komponisten ein und der Zeiger schlägt hin und her. Tick, Tack, Tick, Tack. Jeder Schlag steht für eine Note. Nicht so für den musikalischen Drogisten. Für ihn galt «Tick,Tack» als ein Schlag, also das Hin und das Her, das ergibt halbes Tempo.
Ich erinnerte mich an mein Interview mit ihm. Er legte mich auf eine Couch, stülpte mir Kopfhörer über und spielte mir eine «normale» Interpretation eines Werkes und dann seine Version vor. Es war verblüffend. Plötzlich überkam mich eine Ruhe, ich erlebte die «langsame» Musik im Einklang mit meinem Atem und dem Puls. Aber eben, die angenehme Entschleunigung, die nicht nur für die Musik galt, war schnell wieder vergessen. Erst jetzt fiel sie mir wieder ein. Und ich realisierte, dass der seltsame Forscher schon damals voll im Trend lag: Slow Food, Slow Travel, Slow down etc. Jetzt schlürfe ich das Bier wieder langsam, lese die Zeitung ausführlich, geniesse das sorgsam ausgesuchte Essen und verzichte aufs Kino.
Erschienen in HR Today 2012
Rauchen ist ebenfalls das Markenzeichen der Frauen von Juchitán. Allerdings ziehen sie dicke Zigarren den indonesischen Nelkenzigaretten vor. Schliesslich leben sie in Südmexiko, fünf Busfahrstunden von Oaxaca entfernt. Die Zapotekinnen vom Golf von Tehuantepec sind berühmt-berüchtigt für ihre Energie und Leibesfülle. Und sie sind die absoluten Herrinnen des Handels. Finanziell unabhängig von den Männern überlassen sie denen die schweren Arbeiten. Überhaupt ist das Leben der stolzen Frauen von Lust geprägt: Eine soziale Regel besagt, dass an jeglichem Gewinn alle teilhaben müssen. Also wird bei jedem Geschäftsabschluss ein Fest gefeiert. Dabei fliesst reichlich Bier, auch wird ausgiebigst gegessen und getanzt. Und weil die Zapotekinnen erfolgreich sind, jagen sich die Feiern täglich.
Starke Frauen gab und gibt es allerdings nicht nur in exotisch anmutenden Weltgegenden. Denken Sie an die Schweizerinnen, die im Zweiten Weltkrieg Kartoffeln anbauten, Kinder grosszogen und den Hof in Schwung hielten, während die Männer an der Grenze standen. Oder denken Sie an 1292. Der Habsburger Herzog Albrecht wollte Zürich erobern, die Frauen versammelten sich bewaffnet auf dem Lindenhof, die Österreicher kriegten Schiss und zogen ab. Zürich verdankt also seine Freiheit und somit seine wirtschaftliche Stärke den Frauen. Umso mehr erstaunt, dass sich in der heutigen Zeit die Frauen in der Wirtschaftswelt Schritt für Schritt in Spitzenpositionen vorkämpfen müssen.
Aber jetzt muss ich aufpassen. Schliesslich steht es mir als Mann nicht an, irgendwelche Ratschläge oder gar Anweisungen an die Adresse des anderen Geschlechts zu erteilen. Die modernen Frauen müssen selber entscheiden, ob sie den Geist von Bukittinggi, Juchitán und dem Lindenhof in der Schweiz der Gegenwart verankern können. Oder ob sie auswandern und das Matriarchat geniessen wollen.
Erschienen in HR Today
]]>Zurück nach Indien. Nach unserer Besichtigung der sinnlichen Anlagen wollte uns ein Händler zur Erinnerung Plastikfigürchen, in Posen der Tempelfiguren, verkaufen. Das Geschäft scheiterte, beim Handeln – in Indien ein absolutes Muss und Vergnügen für alle Beteiligten – trafen wir uns nicht. Er wollte für die billig gemachten Nachahmungen viel zu viele Rupien. Also bestiegen wir unser Auto und fuhren rund sieben Kilometer zur nächsten Sehenswürdigkeit. Wir verweilten, ergötzten uns am Gesehenen und wollten weiter nach Varanasi, der nächsten Stadt auf unserer Reise. Da hörten wir lautstarke «Hello»-Rufe, sahen einen wild gestikulierenden Velofahrer und erkannten «unseren» Andenkenverkäufer. Er hatte sich auf sein Gefährt geschwungen, war uns nachgestrampelt und unterbreitete mir ausser Atem ein neues, tieferes Angebot für die Plastikstatuen. Ich nahm an, denn diesen Einsatz als überzeugendes Kaufargument konnte ich nicht ablehnen.
Fazit: Erfolgreiches Verkaufen hat nicht nur mit Angebot und Nachfrage zu tun.
Erschienen in HR Today
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Besser als alle geschriebenen Artikel, besuchten Seminare und gelehrten Abhandlungen zeigt die Märchenstunde in der S-Bahn die veränderten Arbeits- und Familienstrukturen in unserer heutigen Berufswelt. Frauen sind gleichzeitig auf dem Weg zur Krippe und zur Arbeit. Und bringen Business und Familie pragmatisch unter einen Hut.
Noch ein seltenes Kunstwerk gelingt der Frau: Sie lässt die Welt für einen Moment stehen und bringt vier Abteile voller berufstätiger Menschen dazu, den Alltag zu vergessen und in eigene Erinnerungen abzutauchen. Erinnerungen an die eigenen Mütter und ihre Geschichten, an glückliche Stunden im Kindergarten und an die Märchen, die wieder aus dem Nebel des Vergessenseins auftauchen. Und die nur höchst ungern aussteigen weil die Erzählung noch nicht zu Ende ist.
Übrigens, es handelt sich bei der beschriebenen Szene keineswegs um einen Einzelfall: sie wiederholt sich viermal in der Woche. Und es ist spannend zu beobachten, wie sich eine kleine Fangemeinde im Wagen bildet, die das Repertoire der gesammelten Märchenliteratur wieder entdeckt.
Erschienen in HR Today
]]>Ich war überzeugt, dass ich sie unter dem chaotischen Stapel Papier auf meinem Pult einfach hervorziehen kann, dass mein Gedankenfluss weder gestört noch unterbrochen wird. Und dann ist dieser verd… – blöde – Zettel nicht da. Also muss ich suchen. Und schwöre mir, dass ich fortan besser aufräume, die Papierbeigen geordnet hinlege. Also suche ich, durchwühle die Unordnung. Und beschliesse – schliesslich ist es effizient, nicht alles zwei Mal in die Hände zu nehmen – zu ordnen und abzulegen. Die Arbeit an meinem dringenden Text verschiebe ich. Irgendwie werde ich den Termin schon halten können (das ist mir später auch gelungen). Und so mach ich fein säuberlich Häufchen, loche, bostiche zusammen und hole die verschiedenen Ordner aus dem Regal. Was das Durcheinander auf dem Pult noch verstärkt, aber immerhin der künftigen Ordnung dient.
Endlich stosse ich – zwar nicht auf die gesuchte Tabelle – auf eine ausgedruckte Pressetext-Meldung. Und staune nicht schlecht über das, was da steht. Wiewohl ich sie einmal als wichtig erachtet habe, habe ich sie dennoch vergessen: «Chaos am Schreibtisch lässt einfacher denken». Und als Untertitel: «Gehirn räumt bei Unordnung der Umgebung Gedanken auf». Wow! Ich bin ja gar nicht so schlimm wie ich gedacht habe! Und freue mich über den Ideenschwall, der mich überfluten wird. Die Forscher unter der Leiterin Jia Liu der Universität Groningen hatten eine sinnvolle Studie auf die Beine gestellt, die nicht nur mich, sondern Millionen von Pultarbeiterinnen und -arbeitern mit einem reinen Gewissen versehen.
«Chaos in der Umgebung spornt dazu an, einfache Lösungen zu finden», steht da zum Beispiel. Und: «Die menschliche Natur sträubt sich gegen Unordnung. In kulturell unterschiedlichem Ausmass versuchen wir stets Organisation in unser Umfeld zu bringen» – alles Wasser auf meine Mühle. Und stolz betrachte ich die Haufen auf meinem Arbeitsplatz, beschliesse die Ordner, ohne Belege abgelegt zu haben, liegen zu lassen. Doch dann las ich das Fazit. Die Unordnung solle man nicht selber erzeugen, sondern das Zurechtkommen mit ihr üben. «Unordnung macht die Arbeit nicht produktiver, doch sie kann zur Fokussierung verhelfen». Na dann, räume ich halt auf.
Erschienen in HR Today
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