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Das Layout verdanke ich Renato Ferrara. Der Grafiker von jobindex media ag half mir sehr. Dafür danke ich ihm.

Raabe-Spiegel

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Cover Eveline Hasler: «Mit dem letzten Schiff», dtv https://www.guylang.ch/?p=1720 https://www.guylang.ch/?p=1720#respond Mon, 05 Jun 2017 10:05:17 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1720 Cover dtv Hasler

Zitat aus der «SonntagsZeitung» auf der Rückseite der dtv-Ausgabe.

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Cover Alex Capus: «Mein Nachbar Urs», dtv https://www.guylang.ch/?p=1605 https://www.guylang.ch/?p=1605#respond Mon, 16 Nov 2015 06:06:51 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1605 Cover Alex Capus

 

Die Anfrage, ein Zitat aus meiner Besrechung in der «SonntagsZeitung» zu verwenden, kam unerwartet und hat mich ausserordentlich gefreut.

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Schulhaus Risi – Wo scho s’Grosi de Chrüzlistich gleert hätt https://www.guylang.ch/?p=1569 https://www.guylang.ch/?p=1569#respond Thu, 03 Sep 2015 05:15:21 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1569 Im Schulhaus Risi in Turbenthal haben seit 1915 rund 10’000 Kinder die Schulbank gedrückt – heutige Grossmütter, Onkels, Mütter, Väter, ihre Kinder, Enkelinnen, Urenkel. In dieser Zeit wurden nur Instandsetzungsarbeiten getätigt, jetzt benötigt das unter Denkmalschutz stehende Gebäude eine umfassende Sanierung. Am letzten Samstag wurden Pläne und Konzept vorgestellt.

In den hundert Jahren seit Bestehen der Schulanlage hat sich vieles verändert – Gesellschaft, Brandschutzvorschriften, Unterrichtsmethoden, technische Ausstattungen, Anforderungen an den Energiebedarf, Feuerwehrzufahrt, Gesetze über die Hindernisfreiheit in öffentlichen Gebäuden wie über Erdbebensicherheit und und und…

 

Risi

Schulhaus Risi

Investition in die Zukunft
Eine gründliche Abklärung der Bausubstanz und der heutigen Bedürfnisse ergab, dass die bauliche und architektonische Qualität immer noch ausgezeichnet ist. Dennoch, alleine für die absolut notwendigen Massnahmen müssen fünf Millionen Franken investiert werden. Dies, ohne irgendeinen Mehrwert zu gewinnen. Die Primarschulgemeinde hat deshalb nach sorgfältiger Planung einen Kredit von acht Millionen Franken beantragt, über den am 8. September 2015 in Turbenthal abgestimmt wird. Gewonnen werden 5 neue Klassen, drei Gruppenzimmer sowie Informatikanlagen. Und so wie sich in Turbenthal die momentane Bautätigkeit zeigt, werden die zusätzlichen Zimmer für neue Schülerinnen und Schüler dringend gebraucht. Sind doch infrastrukturelle Gegebenheiten ein wesentlicher Anreiz und eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Neuzuzüger einen Wohnort auszuwählen. Zudem ist für die denkmalgeschützte Anlage Risi eine Umnutzung – etwa zu einem Hotel – schwerlich ausführbar.

Messgeräte

Messgeräte

Heizungskeller

Heizungskeller

Emotionale Verbundenheit mit dem Risi
Heinz Gurtner ist der Hausabwart. Bei seinem Stellenantritt – selbstverständlich hat auch er im Risi Rechnen, Lesen und Hobeln gelernt – übergab ihm in der Turnhalle sein Vorgänger die Verantwortung und meinte: «Heinz, nach 25 Jahren überreiche ich Dir die Schlüssel». «Und jetzt bin ich auch schon 27 Jahre hier», sagt Gurtner lächelnd. In dieser Zeit hat er viele Menschen kommen und gehen gesehen. Kinder, Lehrerinnen und Lehrer. Insgesamt dürften es etwa 80 bis 100 verschiedene Lehrkräfte gewesen sein, schätzt Schulleiter Kaspar Schüpbach. Darunter waren legendäre Personen, wie beispielsweise die Handarbeitslehrerin Fräulein Amalie Spengler, bei der die Schwiegermutter des Berichtenden sowie ihre drei Schwestern ebenso Flicken und Nähen gelernt haben, wie seine Ehefrau. Spricht man in Turbenthal mit jemandem über das Schulhaus Risi, treten Erinnerungen, Anekdoten und Geschehnisse zu Hauf an Tag. Alle fühlen sich emotional mit ihrer Primarschule verbunden.

Rege Freizeitnutzung
Das beginnt bei der Schönheit des Baus über die roten Sechseckplättli am Boden über die schwere Eingangstüre bis hin zu den besonderen Fensterformen und den Treppenstufen, über die man in letzter Sekunde ins Klassenzimmer flitzte. Dazu kommen zahllose Freizeitstunden, die mit dem eigenen Verein im Singsaal oder in der Turnhalle des Primarschulhauses Risi verbracht wurden: Seniorenturnen Männer, Seniorenturnen Frauen, Skiclub, Männerriege, FC Turbenthal, Kammerorchester, Kammerchor, Männerchor, Jugendmusikschule – die Aufzählung liesse sich sicher beliebig verlängern. Dass es eine solch rege Platzausnutzung auch zu gewissen Parkplatzproblemen führen kann, ist wahrscheinlich unvermeidlich. Doch müssen diese auf einer anderen Ebene gelöst werden.

Spezielle Fensterform

Spezielle Fensterform

Das Primarschulhaus Risi ist in Turbenthal eine Institution von enormer Tradition und Wichtigkeit. Und es ist zu wünschen, dass dies in Zukunft – in einer den Ansprüchen unserer Zeit angepassten Version – weiterhin der Fall sein wird.

Erschienen in «Der Tößthaler», 25. August 2015

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Reisestress – früh übt sich https://www.guylang.ch/?p=1562 https://www.guylang.ch/?p=1562#respond Wed, 02 Sep 2015 05:46:42 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1562 Je weiter das Ziel desto besser, denn je unbekannter desto exotischer. Umso grösser ist die Chance zur Erweiterung des Bildungshorizonts. Die heutige Maxime für die ständige Weiterbildung aller Berufstätigen spricht daher klar für Reisen in die Ferne. Doch was geschieht mit dem süssen, kleinen Nachwuchs? Grosseltern sind auch nicht mehr, was sie mal waren, sie sind aktive Seniorinnen und Senioren mit ausgefülltem Sport- und Stundenplan – hüten? Nein danke, sie sind zu beschäftigt mit dem Jungbleiben.

Blick aus Flugzeug

Taucht hier ein Problem auf? Nein, heute existieren keine Probleme mehr, das Leben mit allem Drumrum ist eine Frage der Organisation. Und so wie die Babys beim Joggen im Wagen vorne weggeschoben werden, auf Partys schon mal im Nebenzimmer schlafen, während die Eltern chillen, jetten sie selbstverständlich mit um die Welt. Wegen Kinder auf den gewohnten Lifestyle verzichten? Kommt nicht in Frage.

Zudem profitieren die Kleinen enorm vom Reisen. Sie können sich schon im Windelalter weiterbilden – ein enormer Startvorteil für das spätere Erklimmen der Karriereleiter. Und jede Airline, die etwas auf einen zuvorkommenden Service hält, engagiert Nannies zur Kinderbetreuung in der Luft. Dank ihnen erlernen die Babys den Umgang mit fremden Menschen, machen Bekanntschaft mit Fremdsprachen, gewöhnen sich an Zeitumstellung, Druckausgleich und Jetlag.

Am Ziel angelangt, geht der Bildungsparcour weiter. Für die Winzlinge mit Rundumbetreuung, für die etwas Älteren mit Kinderolympiaden, Spiel- und Sportangeboten und dergleichen Eltern entlastenden Programmen. Auch hier gilt: es ist nie zu früh, um sich den harten Regeln des Wettbewerbs zu stellen, um zu lernen mit Druck und Terminzwängen umzugehen, um Siege zu geniessen und mit Niederlagen lächelnd umzugehen.

Ob die Kinder genervt sind und lieber etwas mit den Eltern unternehmen würden, spielt keine Rolle. Denn erstens brauchen die ihre Erholung dringend und können sich nicht auch noch um anderes kümmern. Und zweitens muss man sich auch im späteren Leben mit ungeliebten, widrigen Umständen arrangieren. So gesehen macht der Trend nach Fernreisen mit kleinen Kindern durchaus Sinn. Früh übt sich, was eine Meisterin oder ein Meister werden will. Doch das Kind sein bleibt auf der Strecke.

Erschienen in «Forum», 14 2015
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Textiler im Tösstal I – Jacques und Hans-Felix Jucker https://www.guylang.ch/?p=1404 https://www.guylang.ch/?p=1404#respond Sun, 17 Aug 2014 14:40:20 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1404 Im Themenschwerpunkt von SRF «anno 1914» steht der Alltag einer Fabrikantenfamilie und der Arbeiter in einer Weberei aus der Zeit. Die Textilindustrie war für das Tösstal ausserordentlich wichtig, viele haben selbst in einer Fabrik gearbeitet oder erinnern sich noch sehr gut daran. Um einen Bogen zur späteren Zeit zu schlagen, porträtiert «Der Tößthaler» in vier Folgen Persönlichkeiten aus späteren Generationen, die in der Textilindustrie heimisch waren als Zeitzeugen – Fabrikbesitzer, Textilmechaniker, Spinnereimeister und Weberin.

Die Fabrikbesitzer der letzten Generation

Jacques (* 1936) und Hans-Felix Jucker (*1940) übernahmen die Weberei, die in der TV-Serie «anno 1914» als Schauplatz dient, 1963 in der vierten und letzten aktiven Weberei-Generation. Rechtzeitig vor dem grossen Webereisterben mussten sie den Betrieb 1988 schliessen. Im Gespräch erzählen sie lebhaft von ihrem Alltag, ihren Freuden und Problemen als Patrons.

Jacques–und Hans_Felix_Jucker

© Guy Lang

Gründer der Weberei Grünthal war Johann Felix Jucker (1822 bis 1887), seine Söhne Johann Jakob (1849 bis 1917) und Heinrich (1854 bis 1892) folgten ihm. Dann kam Jacques (1893 bis 1963), der Vater unserer Protagonisten. Sie alle führten das Unternehmen durch das Auf und Ab der Zeiten. Jacques und Hans-Felix sind im Stammhaus, der Fabrikantenvilla aufgewachsen. «Wir gingen ganz normal in Bauma in die Primarschule», sagt Jacques Jucker, «unsere Kollegen waren die Kinder von Fabrikarbeitern. Sie kamen zu uns nach Hause und wir zu ihnen», Und Bruder Hans-Felix ergänzt: «Wir waren nie abgehoben, die soziale Durchmischung hat uns gut getan.» Nach der Ausbildung – Jacques mit dem Wirtschafts-Lizenziat in St. Gallen, Hans-Felix am Textil-Technikum in Reutlingen (D) sowie einem Amerikajahr – führten sie nach dem Tod ihres Vaters 1963 gemeinsam das Unternehmen. Der Ältere war für die Finanzen, der Jüngere für das Technische zuständig. Und die Kunden teilten sie sich auf.

Spezialität: Plisséegewebe
Das reizvolle an der Aufgabe eine Weberei zu führen, sind die Verantwortung für Mitarbeitende und das Unternehmen, die Selbständigkeit sowie die Freude schöne und immer wieder neue Produkte herzustellen. Hauptsächlich waren das gemusterte Dekostoffe, Stoffe für Damen- und Herrenoberbekleidung und vor allem Plisséegewebe, die für Smokinghemden und ähnliches verwendet wurden. Dabei werden die Fältchen eingewoben und nicht eingebügelt. «Wie waren eine Rohweberei, unsere Stoffe direkt ab Webstuhl waren nicht fertig». Die Kunden – so genannte Manipulanten, weil sie die Stoffe verändert haben – kauften das Gewebe und veredelten es durch Färben, Bedrucken oder andere «Manipulationen». «So fanden unsere Artikel indirekt den Weg in die ganze Welt», erzählt Hans-Felix Jucker stolz. In den 1980-Jahren hatten Saris Hochkonjunktur. «Ein Höhepunkt», erinnert Jacques Jucker, «war die Bestellung von zweimal 16’000 Meter teuren Fantasiegeweben kurz vor den Sommerferien». Das Minimum waren 600 Meter, meist wurden 1200 oder 1400 Meter geordert. Jucker: «Wir haben alle Materialien verarbeitet, Baumwolle, Flachs, Leinen, Kunstfasern. Alles ausser Seide». Eingekauft wurde direkt bei den Spinnereien oder mit grösseren Garnkontrakten bei Händlern, je nach Marktlage.

Investitionen in neuere Technologie
Als die Juckers den Betrieb übernahmen, war alles veraltet und sie mussten eigentlich alles erneuern. Hans-Felix Jucker: «Nicht nur die Webmaschinen, auch die Vorbereitungsstufen das Vor- und Spulwerk, die Schlichterei – dort werden die Fäden durch einen Leim gezogen, um sie für den Webvorgang zu stärken – und die Tuchschauerei». So haben sie laufend in verbesserte Technologien investiert. Doch irgendwann wurden sie für die Maschinenhersteller uninteressant, weil das Unternehmen zu klein war.
Um 1900 beschäftigte die Weberei Grünthal noch über 200 Mitarbeitende, 1968 waren es noch 125 und 1984 60 Personen. Schon 1867 wurde die betriebseigene Krankenkasse eingeführt und 1918 eine Personalfürsorgestiftung mit einem Kapital von 150’000 Franken. Die Mietzinse in den Wohnungen und Kosthäusern waren günstig, Wasser und eigener Strom aus der Töss wurde zu kleinen Tarifen zur Verfügung gestellt.

Zusammenbruch einer Industrie
Die Textilindustrie in der ganzen Schweiz begann zu bröckeln, im Ausland wurde billiger produziert, die vielen Fabriken waren zu klein, um zu überleben. 1988 haben die Brüder Jucker den Betrieb geschlossen, nachdem sie Know-how und Maschinen verkaufen konnten. Und – «Wir haben noch alle unsere Leute untergebracht». Emotional habe das sehr geschmerzt, rational sei es gut gewesen. Sie führten noch den Handel mit Breitgewebe zum Bespannen von Wänden und Decken weiter, doch «das Herzblut war weg». Hans-Felix Jucker hat die Geschichte ihrer Weberei in zwei Bänden dokumentiert.
SRF realisierte das Projekt in Juckern, weil die Örtlichkeit ideal war: auf kleinstem Raum finden sich Fabrikantenvilla, Fabrik, Kosthäuser und Wirtschaft. Zudem konnten sie von den zahlreichen dokumentierten Details profitieren. Jetzt sind die Juckers auf die Sendungen gespannt, schliesslich wird ein Zeitabschnitt dargestellt, der ihre Vorfahren direkt betrifft. Allerdings gehrt es nicht im ihr Werk sondern allgemein um den Zustand um 1914. Jucker: «Es war nicht alles gut, aber auch nicht alles schlecht».

Literatur
Hans-Felix Jucker: «Das Rad der Zeit» – Die Geschichte der Weberei Grünthal.
Preise: Band I Fr. 24.00; Band II Fr. 38.50; I & II zusammen Fr. 48.00; exkl. Porto und Verpackung.
Zu beziehen beim Autor. hfjucker@ggaweb.ch

Erschienen in «Der Tößthaler», August 2014

 

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Textiler im Tösstal II – Hans Ineichen, Textilmechaniker https://www.guylang.ch/?p=1409 https://www.guylang.ch/?p=1409#respond Sun, 17 Aug 2014 14:30:28 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1409 Das Gelernte vergisst man nie

1976 machte Hans Ineichen (*1958) bei der Firma Boller Winkler in Turbenthal seine Lehre als Textilmechaniker. 2014 ist er als Weber bei TV-Serie «anno 1914» dabei. Die Rückkehr in seinen alten Beruf – heute hat er die Webmaschinen mit Bäckereimaschinen ausgetauscht – hat ihm grossen Spass bereitet.

Hans Ineichen

© Guy Lang

«Einmal Textiler, immer Textiler», Hans Ineichen lacht, «kaum sah ich beim Casting meinen alten Lehrmeister Hiestand in der Fabrikhalle, schlugen wir mit Fachausdrücken um uns. Die TV-Crew verstand nur noch Bahnhof». Oberschläger, Unterschläger, Zettel, Schlichterei, Nissen – Fadenverdickungen bei der Leine – und was der Ausdrücke mehr sind.
«Bewerbungen für eine Lehrstelle schrieb man damals noch keine», sagt Ineichen, «Man ist hingegangen, hat gefragt, musste einen kleinen Test machen und hatte die Lehrstelle». Die Lehre ist in etwa die gleiche wie als Maschinenmechaniker. Ineichen: «Zuerst wird ein halbes Jahr gefeilt, gebohrt und Bohrer geschliffen». Später spezialisiert man sich auf die Weberei, Stickerei Zwirnerei oder Spinnerei. Nach drei Jahren beherrscht man alles. Vom Faden zum Zettel machen – Zettel ist übrigens der grosse Knäuel mit dem Faden –, von Schlichten – das Stärken des Fadens mit Kartoffelstärke, damit er beim Weben nicht sofort reisst – zum Anweben. Damals standen bei der Firma Boller Winkler etwa 200 Maschinen, um die sich neun Mechaniker gekümmert haben.

Der Schlag auf den Dorn
Wegen der Abnutzung musste viel geflickt werden: Gussteile brachen, die Schiffchen gingen kaputt, Lederriemen rissen. Einmal brach eine Welle, auf der ein grosses Schwungrad lief. Um sie zu reparieren musste das Schwungrad runtergenommen werden. Die war nur möglich, wenn man mit einem dicken Dorn dagegen schlägt. Hans Ineichen erinnert sich: « Ich musste den schweren Dorn mit beiden Händen halten. Der Werkstattchef holte mit einem 10 kg-Schlegel bedrohlich über die Schulter aus und donnerte den Hammer auf den Dorn.» Er sei erschrocken, das Rad war unten und seine Hände ganz. «Das war mein eindrücklichstes Erlebnis». Und sein grösster Flop? «Ich musste die Schlichterei laufen lassen, es war aber zu wenig heiss. So ist die Flüssigkeit nicht genügend getrocknet». Die Folge: Als gewoben werden sollte klebte der ganze Zettel zusammen und musste entsorgt werden.

Die Kunst Bilder zu weben
Ineichen hat auch gelernt, wie man Lochkarten herstellt, um beispielsweise besondere Muster in die Frottéewäsche einzuweben. Dabei wird jeder Faden einzeln gesteuert. Im Schaft, in dem Teil des Webstuhls, der rauf und runter fährt, sind Litzen, wo die Fäden durchgehen. Wenn beispielsweise 2000 verschiedene Fäden gebraucht werden, verteilt es sich auf vier Schafte mit je 500 Litzen. Jede hat unten einen Gummizug und oben eine dünne Schnur, die zur Schaftmaschine geht. Von dort kommt per Lochkarte der Befehl, welcher Faden gezogen werden muss. Komplizierter ist das Jacquardweben mit ganzen Bildern. Zunächst überträgt ein Spezialist die Zeichnung auf ein kariertes Papier. Dabei erhält jeder Faden ein Karo. Werden 10’000 Fäden benötigt, hat das Papier auch 10’000 Karos. Mittels einer Schreibmaschine wird dieser «Fadenplan» auf eine Lochkarte übertragen. Dabei kann es sein, dass diese 40 bis 50 Meter lang wird.

Miserabler Verdienst und lange Arbeitszeiten
Für «anno 1914» allerdings musste sich Hans Ineichen wieder an alte, nicht automatische Webstühle gewöhnen. Während er bei Boller Winkler 20 Maschinen gleichzeitig bedienen konnte, waren es hier nur zwei. «Kaum waren wir in den am Arbeitsort, stürzte der volle Druck auf uns». Und sie haben gewoben «was gisch, was häsch».
Am Mittag hatten sie richtig Hunger. Schliesslich waren sie seit 06.30 am arbeiten. Das Essen war wie damals: vor allem dicke Suppen. Und Kartoffeln, Rüebli, Lauch, einfach alles was der Garten hergab. Fleisch war äusserst rar, wenn sie Glück hatten, war etwas Speck in der Suppe. «Einmal gab es Kuheuter, das fand ich allerdings schrecklich», so Ineichen.
Er habe allerdings das Glück gehabt, am Abend nach Feierabend wieder nach Hause zu dürfen und sich unter einer eine erfrischende Dusche zu erholen. Die Leute haben allerdings komisch geschaut, wenn er an der Tankstelle in Turbenthal in seinen alten Kleidern ein Päckchen Zigaretten einkaufte.
Und Ineichens Fazit? «Es war früher strenger, längere Arbeitszeiten, auch am Samstag war ich in der Fabrik. Und der Verdienst war miserabel». Den gab es im Papiersäcklein, 34 Rappen pro Stunden. Aber insgesamt: «Die Filmerei war lässig. Und das Spannende war, dass wir nach einem Tag wieder voll Textiler waren». Obwohl er seit rund dreissig Jahren nichts mehr mit der Weberei zu tun hat.

Erschienen in «Der Tößthaler», August 2014

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Textiler im Tösstal III – Anna Colazilli-Di Meco, Textilassistentin https://www.guylang.ch/?p=1412 https://www.guylang.ch/?p=1412#respond Sun, 17 Aug 2014 14:00:30 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1412 Von der Faser zum fertigen Anzug

Geboren wurde Anna Colazilli-Di Meco in Pescara in der Region der italienischen Abruzzen. Aufgewachsen ist sie in Turbenthal bei ihren Eltern, die bei Boller Winkler gearbeitet haben. Anna besuchte hier die Schule, danach absolvierte sie eine dreijährige Lehre zur Textilassistentin und hat 29 Jahre für Boller Winkler gearbeitet.Anna Colazilli klein

«Turbenthal ist für mich ein zu Hause, ich bin mit fünf hierhergekommen und mit 46 wieder ausgewandert», erzählt Anna Colazilli am Telefon. Und sie betont «ausgewandert», denn es zieht sie immer wieder für einen Besuch zurück. Schliesslich hat sie hier viel erlebt – ihre Kindheit, ihre Jugend, ihre Lehrzeit, ihre Familie. Ihre Eltern haben in der Weberei gearbeitet und die junge Anna war fasziniert von Textilien, der Herstellung und Verarbeitung. So kam nur eine Lehre als Textilassistentin in Frage. «Ich habe alles gelernt, was es braucht um den rohen Stoff herzustellen». Dazu gehört Weben genauso wie das Treffen aller Vorbereitungen. «Es ist spannend zu sehen, dass vorne Baumwolle eingespannt wird und am Schluss der fertige Stoff herauskommt, woraus man herstellen kann, was man will». Anna hat sich stets darüber gefreut, mitzuarbeiten, etwas Schönes herzustellen. Beispielsweise hat die Firma für Asien unter anderem Saris hergestellt. «Ich habe die kunterbunten Sachen gesehen, welche für die Schweiz doch sehr ungewohnt waren. Und ich habe mir immer vorgestellt, wie die dunklen Frauen darin aussehen», erinnert sich Anna Colazilli. Ein reizvoller Gedanke war für sie auch, dass fremde Menschen das berühren, was sie produziert hat.

Karriere im Betrieb
Anna Colazilli hat sich hochgearbeitet und die verschiedensten Aufgaben übernommen – von der Lohnbuchhaltung bis zum Garneinkauf. Nebenbei hat sie sich dafür eingesetzt, dass bei privaten Familienfesten – Hochzeiten oder Taufen – eine kleine Aufmerksamkeit vom Betrieb kam. «Hatte jemand ein Anliegen das die Belegschaft betraf, wurde es geprüft und meistens von der Geschäftsführung befürwortet», erinnert sich die fröhliche und immer positiv eingestellte Frau.
Ihre unangenehmste Arbeit seien Reklamationsbearbeitungen von Kunden gewesen. «Ich weiss ja, der Kunde hat immer Recht. Aber wenn die wegen einer Farbe, die eine Nuance heller oder dunkler war, ein Drama gemacht haben, hat das schon genervt». Denn später im Laden hätten die Verkäuferinnen diese minimalen Fehler gar nicht gesehen. «Aber es gab Kunden, die wollten halt das Meiste herausholen. Und wir haben verloren. Entweder Geld oder den Kunden, wenn wir ihm sagten, er liege falsch». Schwierig war auch, wenn sie Kolleginnen oder Kollegen auf Fehler hinweisen musste. Anne konnte jedoch gut mit allen zusammen arbeiten. «Es gab zwar immer zwei oder drei, die neidisch auf meinen Aufstieg waren. Aber ich sagte mir, ich lebe für mich und meine Familie, die sollen doch schwatzen was sie wollen».

Familie, Italien und Modebranche
Ihren Mann hat Anna Colazilli in Pescara während der Ferien kennengelernt. Nach etwa zwei Jahren zog er zu ihr nach Turbenthal, zwei Töchter kamen im Spital in Winterthur zur Welt, die Familie war vollständig. Alles unter einen Hut zu bringen war für die lebhafte Frau kein Problem: «Ich hatte meine Mutter als Hilfe,  die Kinder mussten also nicht in die betriebseigene Kinderkrippe». Während sie sich als Schweizerin fühlte, war das bei ihren Eltern noch nicht der Fall. Das zeigte sich beispielsweise bei italienischen Lebensmitteln. Solche waren in Turbenthal damals nicht erhältlich, allerdings gab es in der Stadt die ersten italienischen «Lädeli» mit importierten Waren. Doch ihr Vater wollte Öl, Wein und andere Sachen immer aus Italien mitnehmen, ihre Mutter hingegen war dafür, die Sachen hier einzukaufen. «Das war stets eine Streiterei. Meine Mami war eine untypische Italienerin, mein Papi ein typischer Italiener».

Auswandern in die Heimat
Annas Töchter fanden ihre Liebe in Italien und leben in Pescara. Irgendwann wünschten sie sich die Mutter wieder in ihrer Nähe. «Wenn Du mir einen Job besorgst, komme ich nach», war Annas Forderung. Als ein Kollege ihres Schwiegersohnes jemanden für die Buchhaltung suchte, hatte sie ihren Job und «wanderte aus».
Heute arbeitet Anna Colazilli wieder in der Modebranche. «Wir verkaufen Mode von Versace und Ferrero». Der Kreis hat sich geschlossen – mit der Faser hat sie ihr Berufsleben begonnen, mit den fertigen Produkten ist sie heute beschäftigt.

Erschienen in «Der Tößthaler», August 2014

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Textiler im Tösstal IV – Samuel Scheidegger, Betriebsleiter Spinnerei https://www.guylang.ch/?p=1438 https://www.guylang.ch/?p=1438#respond Sun, 17 Aug 2014 11:17:59 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1438 Welterfahren, fachkompetent und korrekt
Ägypten, Italien, Vogesen, Deutschland, Skandinavien, Kanada, Amerika – ehe Samuel Scheidegger (*1935) bei Boller Winkler die Spinnerei als Betriebsleiter übernahm, sammelte er jahrelang internationale Erfahrungen als Monteur. Gelernt hat er Maschinenschlosser beim damals führenden Spinnereimaschinenhersteller Rieter.

 

Scheidegger

© Guy Lang

«Eigentlich hätte ich gerne Maurer gelernt», erinnert sich Samuel Scheidegger, «aber ich war zu zart, zu klein, zu fein». Also hat er vier Jahre gefeilt und gebohrt. «Ich komme aus einer Gegend, wo Maschinenschlosser in einer Weltfirma etwas gegolten hat. Genau das habe ich angestrebt». Spinnereimaschinen wurden zu seiner Spezialität. Er war als Repräsentant von Rieter für neun bis zehn Jahre auf Montage in aller Herren Länder, allein zwei Jahre in den USA. Zurückgekommen, entschloss sich Scheidegger, noch die Schule für Textilingenieure im deutschen Reutlingen zu absolvieren.
Ein Inserat in der «NZZ» machte ihn auf die Stelle als Obermeister in der Spinnerei von Boller Winkler in Turbenthal aufmerksam, er bewarb sich und wurde angestellt. Nach dem frühen Tod seines Vorgängers übernahm er das Amt. Damals war die Hierarchie noch streng geregelt: Besitzer, Betriebsleiter, Meister, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Scheidegger: «Mein Arbeitgeber war stets korrekt. Man konnte darauf zählen, dass er alle gleich behandelte, Bevorzugte gab es keine». Das war ebenfalls Scheideggers Devise. Er erwartete von «seiner»  Belegschaft – etwa 50 Personen –, dass sie die zugeteilte Arbeit korrekt nach Vorschrift ausübten. «Wir hatten vorzügliche Leute, sie wussten, was sie zu tun hatten».

Vom Rohstoff zum Garn
Die Spinnerei steht am Anfang der textilen Wertschöpfungskette. Aus landwirtschaftlichen Rohstoffen – Baumwolle, Flachs, Leinen, Seide und anderen Materialien – wird mit dem Faden ein Zwischenprodukt hergestellt, das an die Weberei weitergegeben wird.
In der Öffnerei wird die in Ballen gepresste Baumwolle zu Flocken aufgelöst. Anschliessend werden die Flocken von der Karde zu Einzelfasern verarbeitet –Staub und Kurzfasern ausgeschieden – und zu einem losen Band gebracht. Durch Streck-/Verzug-Prozesse werden sie parallelisiert, und auf der Vorspinnmaschine entsteht das erste Garn, ein leicht gedrehtes Vorgarn. Auf der Ringspinnmaschine wird dieses verfeinert und mit Hilfe der drehenden Spindel verfestigt. Auf die Frage, ob dann «Knäuel» entstehen, reagierte Scheidegger unwirsch: «Knäuel sind ganz durcheinander aufgewickelt!». Das Garn wird direkt von einer der etwa 14’000 Spindeln, die bei Boller Winkler im Einsatz waren, ganz exakt zu Garncops aufgewunden. Je nach Anzahl der Fasern, die zusammen gedreht werden, ergibt sich die Dicke des Rohgarns.
Die Baumwolle – in der Schweiz wurde ausschliesslich solche versponnen – stammte je nach Marktlage, Preis und Qualität aus verschiedenen Ländern, oft aus Amerika.

Das Ende der Spinnerei
Eine anspruchsvolle Aufgabe war das Leiten des Personals. Die Menschen kamen aus verschiedensten Ländern – neben Schweizern erst aus Nord-, dann aus Süditalien, Spanien, Portugal, der Türkei und aus dem Tibet. Oft herrschten bezüglich des Verhältnisses von Arbeitsleistung und Lohn verschiedene Auffassungen. «Es war meine Aufgabe, die Vorgaben von oben umzusetzen. Das ist mir gut gelungen», sagt Scheidegger, «wir hatten kaum Personalfluktuationen».
Doch mit der Zeit wurde die Situation immer schwieriger. Reklamationen, die nur dazu dienten, die Preise zu drücken, nahmen zu, Kunden kauften nur noch Muster und liessen billiger im Ausland produzieren, Arbeitskräfte in Asien oder anderen Weltgegenden mussten mit wenig Verdienst zufrieden sein. Scheidegger: «Wir wurden zu teuer. Ich musste immer mehr Leute entlassen.» Kurz vor der Pensionierung traf es ihn selber, die Spinnerei wurde bald darauf geschlossen.

Moderner Grossbetrieb beschliesst Karriere
Nach seiner Zeit in Turbenthal wechselte Samuel Scheidegger für 1 ½ Jahre an die Textilfachhochschule in Wattwil, war zuständig für Weiterbildungskurse von Erwachsenen. «Allerdings waren die meisten schlecht motiviert, es war absehbar, dass die Textilindustrie kaum mehr Perspektiven bietet». So kam die unerwartete Anfrage einer Hamburger Firma, ob er in der syrischen Hafenstadt Latakia eine Spinnerei beraten und begleiten wolle, gerade recht. «Es war ein technologisch moderner Grossbetrieb. Statt der 14’000 Spindeln wie bei Boller Winkler, liefen 126’000». Und alle vier Wochen konnte er für 10 Tage nach Hause. Der Kreis hatte sich geschlossen: Scheideggers Berufsleben begann und endete im Ausland. «S’isch e gueti Ziit gsii und ich ha ganz feini Mensche känne glert».

Erschienen in «Der Tößthaler», August 2014

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Türkei – Impressionen einer aussergewöhnlichen Reise https://www.guylang.ch/?p=1033 Wed, 09 Jan 2013 08:03:50 +0000 http://www.guylang.ch/?p=1033 Regula Langemann und Suna Yamaner feiern das metapuls-Jubiläum mit einer ganz besonderen Reise: «Zu den Wurzeln unserer abendländischen Kultur ins Morgenland». Für sie sind es Rückblick auf 20 Jahre metapuls, kritische Auseinandersetzung mit festgefahrenem Geschichtsverständnis, feministische Blicke auf Kultur- und Geschichtsforschung im alten Europa und eine gemeinsame Reise gleichermassen. Mit der Reise wollten sie das, was sie seit zwanzig Jahren entwickelt und umgesetzt hatten, mit anderen teilen. So beauftragten sie Women Travel, eine Reise zu organisieren, die diesen Ansprüchen gerecht werde und die für alle Interessierten offen angeboten wurde.

Mustafa

Also trafen sich eine Grupp von elf Frauen und einem Mann am frühen 1. September 2012 zum Abflug über Istanbul nach Ankara, wo sich weitere zwei Frauen zur Gruppe gesellten. Abgeholt wurden sie von Hüseyin, ihrem Reiseleiter von Ankara durch Anatolien – so bezeichnen Türkinnen und Türken ihr gesamtes Land – und wieder zurück. Die Karawane war unterwegs. Schon auf der ersten, kurzen Fahrt zum Hotel begeisterten Landschaft und Leben auf den Strassen rund um Ankara – ein Eindruck, der sich bei fortschreitender Reise mehr und mehr verstärkte.

Ankara – archäologisches Museum, Zitadelle, Atatürk-Mausoleum, Hamam
Die Taxifahrt war atemberaubend. Kupplungen schleifen lassen und hupen scheinen die wichtigsten Merkmale türkischer Taxifahrer zu sein, kein Wunder bei dem enormen Verkehrsaufkommen. Schliesslich führten die Strassen durch die Altstadt steil hoch zur Zitadelle. Das anatolische Essen schmeckte gut, die Kellner setzten sich beim Zerschneiden von pizzaartigen Fladen mit riesigen Schwertern in Szene, die Aussicht auf die nächtliche Hauptstadt ist beeindruckend – ein wunderbarer Einstieg in eine Türkeireise.
Der Spaziergang – der Morgen war noch angenehm kühl – führte wieder hoch zur Zitadelle, über Kopfsteinpflaster, durch alte Gässchen und Stadttore, vorbei an kleine Moscheen, pittoresken Häusern, Hütten und Verkaufsständen mit Nüssen und getrockneten Früchten. Erst jetzt war die Grösse Ankaras zu erkennen, das Tageslicht liess den Blick über das Häusermeer noch imposanter erscheinen. Auf dem Weg immer wieder Szenen, die das Herz erfreuten. Etwa ein junger Verkäufer, der sein Gestell mit Pommes-Chips-Säckchen und verpackten Guetzlis mit kaltem Wasser abspritzte, um seine Ware kühl zu halten und vom Staub der regen Bautätigkeit zu reinigen.
Der Besuch im Anatolian Museum of Civilization brachte die anatolische Geschichte und die Wurzeln der abendländischen Kultur näher, Funde der Hethiter, Reliefs mit Jagd- und Kriegsszenen, bezaubernde Statuen von Frauenfiguren und Göttinnen – darunter die faszinierende Frau auf dem Leopardenthron aus Çatalhöyük, einer ausgegrabenen Siedlung aus der Jungsteinzeit  –, reizende Tierdarstellungen in Ton und Metall.
Gewaltig ist die Leistung von Staatsgründer Kemal Atatürk, seine Visionen eines modernen Staates ohne religiöse Verflechtung, seine Durchsetzungskraft zu Veränderungen, sein geschickter Einbezug der Bevölkerung. Gewaltig ist auch das Mausoleum zu seinem Gedenken, das auf Rasatepe steht, einem von den Phrygern im 12. Jh. v. Chr. als künstlich errichteter Grabhügel, thront. Nicht zu vergessen: der erholsame und amüsante Aufenthalt in einem Hamam.

Kultort der Sonnengöttin und Hethiter
Suna Yamaner nutzt die Fahrt in den Süden und bringt Riane Eisler und ihr Buch «Kelch und Schwert» sowie Maria Gimbutas «Die Sprache der Göttin» näher. Beide erforschten die Ursprünge unserer Kultur und analysierten die sozialen Beziehungen. Dabei fanden sie während eines Zeitraums von mehr als 20 000 Jahren die Spuren von partnerschaftlichen Kulturen. Egalitäre Partnerschaften zwischen den Geschlechtern, Ethnien und Berufen sorgten dafür, dass kaum kriegerische Auseinandersetzungen geführt wurden. Wichtig ist die Frage nach Linking oder Ranking, Partnerschaftlichkeit oder Dominanz. metapuls folgt der uralten Spur der Grossen Göttin und gleichgeordneten Partnerschaftsmodellen. Frieden und Ausgeglichenheit dank Frauen, das Universum als alles Leben spendende und Leben erhaltende Mutter. Gestützt werden die interdisziplinären Wissenschaftlerinnen durch zahlreich gefundene Symbole, die ja selten abstrakt sind.
In Alacahöyök wurden Königsgräber aus dem 3.Jh. v. Chr gefunden. Mächtige Steinfiguren markieren den Eingang zur Ausgrabungsstätte. Es soll sich auch um einen Kultort der Sonnengöttin handeln. In mehreren Grabstätten, sie sind mit einer Plexiglasdecke geschützt, finden sich die Nachbildungen von den Statuetten, deren Originale sich im Museum von Ankara befinden.
Weiterfahrt über das Hetitische Heiligtum Yazılıkaya mit Felsenkammern und in Stein gehauenen Prozessionen zur Hethitischen Hauptstadt: Hattuša. Das Reich der Hethiter in der Spätbronzezeit (etwa 1250 bis 750 v. Chr.) war riesig. Entsprechend war die Hauptstadt mit dem Königspalast und Tempelanlagen. An und auf einem Hügel gebaut, kann man die enormen Ausmasse erkennen. Und die handwerkliche Kunst des Mauerbaus bewundern: lückenlos schmiegen sich die gewaltigen Steinbrocken aneinander, bilden Tore und Stadtmauern.

Loewentor Hatusa

Ob Löwen-, Sphinx-, Königstor, Tunnel durch den Stadtwall oder Hieroglyphenkammer, die Zeugnisse der Hochkultur sind beeindruckend.

Derwische, Höhlenkirchen, Ballonfahrt, Teppiche – die Vielfalt Kappadokiens
Weiche Hügel, märchenhafte Krater, liegende Rebstöcke, skurrile Tuffsteingebilde, metallisch schimmernde Basaltsäulen – Kappadokien zieht alle Register der Verführung. Fahrt durch eigenartige Mondlandschaften in den Ort Göreme. Dort finden sich Zeugnisse der frühen christlichen Religion, mit Ikonen ausgemalte Kirchen und Kapellen. Alles Höhlen in Tuffgestein geschlagen. Sie boten Schutz vor Verfolgern und Kühle in den heissen Tagen. Eine Gegend, die an einen Zauberwald erinnert: lauter riesige Pilze.
Die ersten Kirchenbauten stammen aus dem 4. Jh., in dem sich auch die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ansiedelten. Ca. 1100 wurden die Ylanli- und die Barbarakirche mit einem Tonnengewölbe gebaut, 1200 folgte die Çariklikirche. Göreme wurde 1924 verlassen.
Kontemplativ, beruhigend und äusserst beeindruckend war der Ausklang des dicht gedrängten Reiseprogramms: der ekstatische Tanz der Derwische in einer alten Karawanserei. Der Reiseleiter Hüseyin konnte den Besuch – wie so vieles – kurzfristig organisieren. Sein umfassendes Wissen, seine ruhige und zurückhaltende Art sowie sein sensibles Eingehen auf Gruppenwünsche und individuelle Bitten, hat alle überzeugt. Sein Deutsch ist elegant, kleine, ihm nicht bewusste Finessen – der Unterschied zwischen «aufbewahrt» und «aufgebahrt» mag als Beispiel dienen – nimmt er sofort in seinen Wortschatz auf, seine Ausführungen über Schulsystem, Politik, Türkische Geschichte, Gesteins- und Landschaftsformen haben Hand und Fuss.
Bunte Kugeln am Himmel – hunderte Ballons, eine Touristenattraktion Kappadokiens – schweben über die zerklüftete Landschaft mit spitzen Kegeln, weissen, gerundeten Felsen voller Tauben, mit Büschen bewachsenen Sandtälern.

Kappadokien

Stilles Gleiten – unterbrochen durch lautes Zischen beim Einfeuern der Hülle – sorgte für ein Gefühl von Schwerelosigkeit.
Der Weg zur unterirdischen Stadt in Derinkuyu mit ihren weit verzweigten Strassen und Tunnelsystemen führte einem Fluss in einem Canyons entlang: staubig gelbe Wege, daneben leuchtend grüner Tang im dahin gurgelnden Wasser und im Hintergrund rote Berge – Farbenspiele von höchster Ästhetik und reizvollen Gegensätzlichkeit.
metapuls Teppich

Zum Jubiläum überreichte die Gruppe Suna und Regula einen handgeknüpften Teppich mit metapuls-Logo. Die Tradition der Teppichknüpfkunst ist in der Türkei zentral, die Arbeitsverhältnisse der Knüpferinnen sind zeitgemäss und sozial. Vorträge und Vorführungen über Teppiche, Muster, Herstellung, Geschichte, Seidenkokons und andere Materialien waren ein Erlebnis.
Wein und sehnsuchtsvoll lustige Liebeslieder mit Saz, Laute und Kanun im Hof eines reizenden Weinlokals rundeten den Tag.

Der lange Weg nach Katha
Heisse Fahrt durch wieder aufgeforstete Hügel, weite betörende Landschaften, Rast in hübschen, kleinen Cafés die immer billiger werden, je weiter wir südostwärts gelangen.
Verschiedene Beiträge während der Fahrt:
– Lesung aus Necla Kelek: «Bittersüsse Heimat», Kiepenheuer & Witsch.
– Über Märchen und die Märchenerzählerin Elsa Sophia von Kamphoevener.
– Über den türkischen Einfluss auf die europäische klassische Musik.
– Über das Schulsystem mit Lesung aus: Ferit Edgün: «Winter in Hakari», Unions Verlag.
Die Informationen inspirieren zu weiterführender Lektüre und Recherche über die traditionelle und moderne Türkei.

Im Schmelztiegel zwischen Ost und West
Das Land Kommagene und die Karakus-Hügel, das Grabheiligtum der Frauen des Könighauses Kommagene – Säulen und künstlich aufgeschüttete Grabhügel. Kultstätten wie diese zeigten die Herrscher als «göttlich» und legitimierten so ihren Machtanspruch. Diese mussten in diesem Schmelztiegel zwischen den Römern und dem Diadochenreich der Alexandernachfolger lavieren, um einigermassen in Frieden zu leben. Die römische Brücke über den Cendere und die antike Stadt Arsameia auf den Felsen sind Zeugnisse jener Zeit.

Sonnenuntergang auf Nemrut Dağı
Der Berg Nemrut im Taurus Gebirge ist 2206 m hoch und diente König Antiochos I als Heiligtum seiner neu gestifteten Religion, einer Vereinigung der griechischen und der persischen Mythologie. Dafür liess er 200 000 m3 massiven Fels abtragen und ein gigantisches Grabmal aufschütten, 150 Meter im Durchmesser und 150 Meter hoch. Auf drei Terrassen beeindrucken Köpfe, Tierfiguren, Statuen und Stelen.

Nemrut

Der Besuch bei untergehender Sonne wurde zu einem Höhepunkt der Jubiläumsreise von metapuls und ihren Gründerinnen.
Abenteuerliche Fahrt auf Naturstrassen über steile Pässe mit engen Kurven und noch der letzte Aufstieg zu Fuss. Die Aussicht, der Berg, die Kolosse, alles war erhebend, eindringlich und wunderschön. Eine Flasche Wein, während sich die Sonne sich dem Horizont näherte und in der Ferne Euphrat und die weite Landschaft schimmerten.

Prähistorisches, Biblisches und Heutiges
Überquerung des Euphrats ins Zweistromland. Die Landschaft ist archaisch, grosse Schafherden weiden neben der Strasse, die Gegend ist fruchtbar, Wasser ist reichlich vorhanden, dafür sorgt der Atatürk-Staudamm.
In Sanlıurfa, dem ehemaligen Edessa, soll Abraham geboren worden sein, ihm zum Gedenken gibt es einen Karpfenteich, der nahe einer wichtigen Moschee und der Geburtshöhle liegt. Die lebhafte Stadt ist eine der heiligsten Stätten im Islam, ein Wallfahrtsort von hoher Bedeutung. Wunderbares Museum: Funde aus prähistorischer Zeit, Maria- und Jesusfiguren, Trachten, Waffen, Holztüren, Schmuck, Jugendstilflacons – alles was für die Menschen von kulturellem Wert ist, wird ausgestellt. Dieses scheinbar chaotische Nebeneinander ist faszinierend. Das bunte und lebhafte Treiben auf den Strassen und im Basar war genauso: Menschen verschiedenster Ethnien – Araber, Kurdinnen, Türken, Moslem, Juden, Christinnen – leben hier und machen miteinander Geschäfte. Eine unglaublich anregende und lebendige Stadt.
Durch entlegene Wege und Baumwollfelder nach Göbekli Tepe. Das ist eine der ältesten gefundenen Kulturstätten der Menschheit. Vor rund 11 600 Jahren erbaut, legen die Kalksteinpfeiler und die gesamte Anlagen den Schluss nahe, dass Jäger und Sammler der damaligen Zeit erst einen Tempel oder Kultort erbaut habe und die Menschen erst nachher sesshaft wurden.
Äusserst eindrücklich war das Treffen mit der Frauenorganisation KA-MER. Gül und ihre Kolleginnen besuchen Frauen in den Dörfern und wecken ihr Bewusstsein für ihre persönlichen und wirtschaftlichen Rechte. Sie stärken das Selbstbewusstsein, fördern unternehmerische Ideen und sorgen für Kinderbetreuung. Bei Gewalt an Frauen – Gül: «Wo Männer sind, herrscht immer Gewalt» – beraten sie in rechtlichen Dingen und zeigen auf, was der Staat leistet. Das kann soweit gehen, dass sie einer Frau, die das will, eine neue Identität geben, damit sie ohne Furcht vor Familienrache ein neues Leben beginnen kann.

Über Anatolien nach Istanbul
Aus dem Flugzeug konnte die gesamte Reise noch einmal von oben verfolgt werden, die weiten Landschaften, die Berge, Flüsse und Städte.
Und dann eine der schönsten und faszinierendsten Städte Istanbul.

Istanbul

Der quirlige ägyptische Basar, eine stürmische Fahrt auf dem Bosporus, eine Tramfahrt durch das Menschengewühl und ein hervorragende Abschiedsessen im anatolischen Restaurant beim Galata-Turm. Zum Abschied ein Besuch der Pilgermoschee von Eyüp und ein letzter türkischer Kaffee, süsser Tee oder Kirschensaft hoch über der Stadt im Café Pierre Loti).

Fazit
Eine wunderbare Reise in ein Land mit gut ausgebauter Infrastruktur – Wireless Lan in jedem Hotel, ausgezeichnetes Essen und ein sicheres Gefühl in den Strassen. Beeindruckend: die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Türkinnen und Türken.

Reisebericht für metapuls
© Text Guy A. Lang

 

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