White Russian, Kultfilm und cineastisches Vergnügen

guylang —  8. September 2015 — Kommentiere

Openair Kino im Schöntal – der Anlass hat Kultcharakter und findet bei jedem Wetter statt. Am Donnerstag eröffnete «The Big Lebowski» den Reigen, der heute Samstag mit «Luna Papa», einer Tragikomödie aus Russland zu Ende geht. Etwa 50 genossen am Donnerstag trotz gemischten Wetters den lauschigen Spätsommerabend.

Die Leinwand 2 kl

Die geschenkte Leinwand

Über dem Rahmen für die Kinoleinwand hockt eine rote Eule, sie scheint zu überwachen, was sich auf der Wiese im Schöntal, dem Winterquartier des Circolino Pipistrello, so alles abspielt. Und das ist einiges: Da spielt ein kleines Mädchen mit dem schwarzen Hund «Seli», trudeln Erwachsene ein, turteln Verliebte, plaudern Bekannte. Im Essenszelt werden Hackbraten, Sellerieschnitzel, Kartoffel- und Zucchini-Twister und Salat verkauft, in der Bar – an der Decke hängen Kronleuchter, die Tischchen sind mit gestickten Tischtüchern und kleinen Blumenvasen liebevoll geschmückt – Wein, Bier und Kaffee bestellt. Und selbstverständlich «White Russian», das Lieblingsgetränk der Hauptfigur «Dude» Lebowski, gemixt aus Wodka, Kaffeelikör, Milch und Rahm. Eine einmalige, friedliche und entspannte Atmosphäre.

Stimmung auf dem Platz kl

Stimmung

Geschenkte Leinwand
Der Himmel ist Wolken verhangen, es hat kurz geregnet, dann zeigt sich zaghaft die Sonne wieder. Ein Mädchen trocknet die Tische mit einem Fensterreiniger. «Wir sind wetterfest», sagt Manuel Lindt, «und so schlimm wie letztes Jahr kann es gar nicht werden». Da sei man knöcheltief im Wasser gestanden. Er ist Betreiber des «Wanderkinos» – unter anderem zeigte er Filme an den Winterthurer Musikfestwochen. Eben hat er eine Leinwand aus einem Kino in Pfäffikon erhalten, das geschlossen werden musste. «Sonst hätte man sie weggeschmissen». Sie ist sie riesig und mit kleinen Löchern perforiert, damit der Ton aus den Lautsprechern dahinter durchdringen kann. «Ich zeige Filme nur analog, sie sind zwar nicht so perfekt wie digitale, doch authentisch. Ich mag das», erklärt Lindt. Und weiter: «‹The Big Lebowski› ist 3179 m lang, hat 167’040 Bilder, die auf sechs Rollen gespult sind».
Auf dem Platz unter freiem Himmel, mit den Holzstühlen, Tischen, Bänken und den Zirkuswohnwagen, fühlt man sich nostalgisch an die Stimmung erinnert, wie man sie aus frühen Fellini-Filmen kennt. Damals, als Kino noch ein Ereignis war.

Bar kl

Bar mit White Russian

Pelerinen und Decken
Es gibt warme Decken und wärmende Getränke. Dann dunkelt es ein, die Vorführung kann beginnen. Die Komödie der Coen-Brüder um den Althippie Lebowski, der in den Strudel einer Entführung und einer Lösegeldzahlung von1’000’000 US-Dollar gerät, ist irrwitzig, charmant und amüsant. Die meisten im Publikum kennen den Kultfilm, schmunzeln und lachen. Etwa wenn die Schlägerbande ein bissiges Frettchen zum kiffenden Dude in die Badewanne schmeissen. Dass zwischendurch ein kurzer Regenguss Zuschauerinnen und Zuschauer «erfrischt», tut dem Genuss keinen Abbruch, schliesslich verteilen die Organisatoren sofort Pelerinen und in der Bar finden sich gedeckte Plätze.
Noch gibt es heute Abend Gelegenheit, einen einmaligen Filmabend zu erleben. Auf dem Programm steht «Luna Papa» mit Moritz Bleibtreu und einer fantasievollen, märchenhaften und abenteuerlichen Reise durch Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisistan auf der Suche nach dem Vater.

 

Erschienen in «Der Tößthaler», 5.September 2015

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